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Kategorie: Reden

Herr Präsident!

Sehr verehrte Damen und Herren!

Herr Oettinger hat in dieser Woche verkündet, eine Steigerung der Energiekosten sei nicht mehr aufzuhalten. Ein Beispiel: Ein vierköpfiger Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4 500 Kilowattstunden wird in diesem Jahr 90 Euro mehr zahlen. ‑ In einkommensschwachen Haushalten wird schon jetzt gefroren. Daher fordert die Linke, die Milliardengewinne der Konzerne abzuschöpfen und dies zugunsten der Einkommensschwachen umzulegen.

(Beifall bei der LINKEN)


Der Antrag der Grünen hat eine Schwachstelle. Das Problem der Speicherung wird mit keinem Wort erwähnt. Erneuerbare Energien gehen aber nur mit Rekommunalisierung. Aber das wäre das Ende von Joschka Fischers Fata Morgana vom ökologischen Kapitalismus.

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Hört! Hört!)

Notwendig sind Entflechtung und Enteignung der Stromkonzerne. Wir stimmen Ihrem Antrag zwar zu. Aber hätte Rot-Grün damals beim Atomausstieg seine Hausaufgaben seriös und verbindlich gemacht, brauchten die Menschen heute nicht gegen Castor und Gorleben zu demonstrieren. Dann brauchten wir auch diese ganze Debatte gar nicht.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da wollen wir nicht von der Position der PDS damals reden!)

Meine lieben Freunde von den Grünen, da Sie so dazwischen rufen, kann ich nur sagen: An die Freiwilligkeit der Energiekonzerne zu appellieren, ist, als wenn Sie an einen Marder im Blutrausch appellieren, sich selbst die Maulsperre einzuziehen. Das geht einfach nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit der Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken verschafft nun die Bundesregierung den Konzernen neue Milliardengewinne. Gegen diese müssen die Erzeuger erneuerbarer Energien und die Mittelständler jetzt noch brutaler auf dem Strommarkt konkurrieren und werden oft wieder verlieren.

Die Niederlande haben ihre Förderung regenerativer Energien gerade auf null gefahren und den Bau neuer Atomkraftwerke auf den Weg gebracht. Der Europäische Rat hat letzte Woche beschlossen, Schiefergasvorkommen und deren - hochgefährlichen - Abbau neu zu evaluieren. Um Öl und Gas werden neue Kriege geplant. In ganz Europa haben Sie von der Bundesregierung und der Koalition die Weichen rückwärts gestellt. Alles, was unser wunderbarer und viel zu früh verstorbener Kollege Hermann Scheer in seinem letzten großen Werk Der energethische Imperativ genannt hat, muss uns auf dem Herzen brennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was Schwarz-Gelb gegen Hermann Scheer in all den Jahrzehnten gesagt hat, war gelogen. Sie taten so, als sei Uran ein schier unerschöpfliches Gut. Sie sagten, nur Solarenergie müsse subventioniert werden, die Atomkraft würde sich nur am Markt rentieren. Sie unterschlugen die Steuerförderung, die Sie Siemens, RWE und Eon geschenkt haben. Sie genehmigten Atomlager bedenkenlos und unterschlagen heute noch, dass wegen der Grube Asse II wohl demnächst die Evakuierung von Hunderttausenden von Niedersachsen geplant werden muss. Sie katzbuckeln vor der Gier der Konzerne, die nur jetzt ihre Profite haben wollen, so wie einige in diesem Hohen Hause jetzt wiedergewählt werden wollen. Unter dem Motto: „Nach mir die Sintflut!“

(Beifall bei der LINKEN)

 

Lieber Kollege Koeppen, lieber Kollege Meierhofer, Sie schauen immer auf die Welt, und die Welt ist die Begründung dafür, warum wir unsere klimapolitischen Hausaufgaben nicht machen können. 67 Prozent der Wertschöpfung der Energiekonzerne erfolgt in fünf zentralen Staaten der EU. Da ist Deutschland ganz vorne. Der Klimafeind steht im eigenen Land.

 

Hermann Scheer war auch einer der jahrzehntelang überhörten Privatisierungsgegner. Um aber „fit für die Börse“ zu werden, strich die Bahn ihre Belegschaft und die Infrastruktur zusammen, ein Viertel ihrer Schneeräumfahrzeuge, und plötzlich im Dezember war unerwarteterweise dann Winter. Es soll Stuttgart 21 gebaut werden, ohne dass die Frage nach dem Gütertransport und den damit verbundenen CO2-Emissionen beantwortet wird.

(Jens Koeppen (CDU/CSU): Noch ein Wort zu Hartz IV und Mindestlohn?)

Der Noch-Ministerpräsident Mappus will die Anteile seines Landes an der EnBW Energie Baden-Württemberg AG an die Börse bringen. Seine DAX-Phantasien kosten nicht nur Arbeitsplätze und Tarifverträge, sondern auch klimatische Nachhaltigkeit. Dagegen wollen Menschen nicht nur auf die Straße, sondern Mappus auch abwählen gehen.

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Abwarten!)

Die Umweltorganisation Robin Wood hat vor Jahren ein Buch mit dem Titel Manager der Klimakatastrophe: die Deutsche Bank und ihre Energie- und Verkehrspolitik herausgebracht. Auf 340 Seiten wird nachgewiesen, wie die Deutsche Bank, die an vielem Unrecht seit dem Jahr 1933 beteiligt war, ihre Kapitalbeteiligung bei Daimler, bei Energiekonzernen und ihre 3 200 Lobbyisten für Spritfresser der E-Klasse und gegen die Einführung von Solarenergie über Jahrzehnte eingesetzt hat. Wer Machtkontrolle ernst meint, der braucht einen starken Staat und eine EU, die die Power hat, den Energieriesen und der Deutschen Bank entgegenzutreten, und der sich nicht so klein macht, dass er in deren Hintern passt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein sozialer und ökologischer Staat der Zukunft, der die Strompreise, die Zocker und die Emissionen in den Griff bekommt, beginnt in den Kommunen. Wer dort als Christ für die Schöpfung demonstriert, als Liberaler für einen fairen Wettbewerb ohne Monopolkapital streitet, als Sozialdemokrat oder Grüner für die Ideen Hermann Scheers eintritt, auf einem nichtkapitalistischen Weg zu erneuerbaren Energien zu kommen, wird die Linke als Antreiber und als verlässlichen Partner haben ‑ außerparlamentarisch und parlamentarisch.

(Jens Koeppen (CDU/CSU): Rotfront!)

Wer den Ausstieg aus Atom und fossilen Brennstoffen wagt, nach all den Menetekeln wie Springfluten und Dürrekatastrophen, nach all den klimatisch bedingten Kriegs- und Hungersnöten, der und die hat auch die Mehrheit der Lebenden auf seiner Seite und der Noch-Nicht Geborenen, die wehrlos sind, wenn wir nicht für sie kämpfen.

(Beifall bei der LINKEN – Jens Koeppen (CDU/CSU): Ein einziges Wort zu Energie wäre nicht schlecht gewesen! Oder zur Umweltpolitik!)