clara.jpgDoch etwas zu trickreich hatte 2005 Bruce Springsteen, um „Love Of The Common People“ (Zuneigung der sogenannten kleinen Leute) zu tanken – auch ausdrücklich mit diesem Titel, antikapitalistische Traditionals auf seine Pete-Seeger-Sessions-CD genommen. Allerdings, ohne Seeger auch nur mit einer einzigen Copyright-Tantieme daran zu beteiligen. Nicht mal für „We Shall Overcome“ bekam die linke Liedermacher-Legende Geld aus der Springsteen-Produktion, denn die Friedenshymne gehört zu jenen Copyrights, die einem linken Projekt gespendet worden waren. Pete Seeger lebt in einem Haus im Wald von Beacon, wo das Klosett über den Hof zu erreichen ist – seit den 50ern und heute als Liedermacher der Weltgeschichte. Er hat mir gegenüber dort kein böses Wort über Springsteen verloren. Aber sicherlich hätten „Turn Turn Turn“, „Sag mir, wo die Blumen sind“ oder „If I Had A Hammer“ auf der Springsteen-CD auch ganz gut geklungen und: ein klar gegen die Irak-Aggression interpretierbarer Seeger-Song. Vielleicht war es ja genau dies Tantiemensparen, was Springsteen und seinem Manager Jon Landau mit der Seeger-Sessions-CD im Jahre 2005 nicht den riesigen kommerziellen Durchbruch bescherte? Jedenfalls hat Springsteen im November 06 diese alten Working Class Folksongs aus dem Seeger-Repertoire noch mal „Live in Dublin“ aufgeführt – nun aber zusammengetan mit früheren Springsteen-Hits wie „Blinded By The Light“ und „Growing Up“ – und diese 30 Songs nun neu veröffentlicht. Die 15köpfige „Sessions-Band“ klingt mit den A-Hits von Springsteen und den B-Hits von Seeger noch viel mehr „unplugged“ als die „E-Street Band“. Und so durfte das neue Sony-Album in der Collection von einem Springsteen-Fan wie mir nicht fehlen.
Mit seiner Sympathiebekundung für Tony Blairs Irakpropaganda war Sir Paul McCartney vor aller Welt wieder, was er für John Lennon damals längst geworden war: ein angepasstes Arschloch. Und dennoch: Ohne McCartney wäre John Lennon auch nicht bei derartigen Massen gelandet. Die Kombi „Lennon/McCartney“ steht symbolisch für Erfolgsdialektik – auch von Linken: radikale Distanz zum alten Ökonomiekern der Herrschenden bei gleichzeitig punktueller Anpassung an herrschende traditiongewordene Hörgewohnheiten. Als John und Paul dann getrennte Wege gingen, verflog auch ihrer beider Zauber. Wer jetzt also süße, süffige Songs am Stück hören will (die immer noch authentischeres Beatles-Erbe sind, als Yoko Onos Minimaldadaismus), hat mit den von Paul McCartney allzumeist allein instrumentierten, komponierten, getexteten 13 Songs auf der Universal-CD „Memory Almost Full“ einen guten Kauf getan.
Die mit der 23jährigen Sängerin Katarina Wilhelm stimmstarken Folk-Rock-Hip-Hopper „Zeitlos“ agieren seit zwei Jahren auch auf linken Events (z. B. UZ-Pressefest 07) wie die seit 2000 bestehende, professionell aggressivere, türkisch-italienisch-deutsche Rapper-Truppe „Microphone Mafia“. Beide haben viel Gefühl fürs Melodische und gute Beobachtung für die sozialen Spannungen hierzulande. Wer sie auf ’ne Demo einlädt, hilft sich, den beiden jungen Bands und der linkskulturellen Öffentlichkeit: www.zeitlos-music.de (DVD: „Konzerthighlights 2007“; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) und  („Lotta continua“ „al-dente-records“ im Sony-Vertrieb).