Das Neue Deutschland befragt Diether Dehm nach der Band "Bandbreite" und der Freiheit der Kunst. Die Fragen stellt Johanna Treblin.

 

 

Herrn Brakebusch zufolge haben Sie, Herr Dehm, diese Liste mit rund 20 Künstlern zusammengestellt. Wieso haben Sie sich dazu entschlossen, obwohl es so viel Ablehnung gegen die Band in Ihrer Partei gibt?
Das ist falsch. Dieses war nur eine von zahlreichen Adressenlisten von Künstlern, die sich uns in den letzten Jahren angeboten hatten. Das wurde verwechselt mit einer Empfehlungsliste. Wir haben seit Wochen alle möglichen Künstlernamen ‘rumgeschickt. Die Kreisverbände haben davon mittlerweile einige angefragt. Bandbreite war nicht darunter. Bandbreite ist auch bisher nicht bei uns, bei der Linken Niedersachsen, aufgetreten. Und das dürfte sich auch in diesem Bundestagswahlkampf nicht ändern.


Die RLS Rheinland-Pfalz begründete ihre Absage an den Liedersommer damit, dass die “Bandbreite” die Parteihymne für die Partei “Neue Mitte” komponiert hat. Wie stehen Sie dazu?
Ich kenne weder die "Neue Mitte", noch deren Parteihymne, noch weiß ich, ob Bandbreite tatsächlich etwas für sie komponiert hat. Im Internet wurde genau das sogar bestritten! Ich spiele da nicht den Richter. Aber auch Lieder von mir wurden von Joschka Fischer vor 25 Jahren im Wahlkampf missbraucht oder von anderen unappetitlichen Gestalten. Komponisten und Texter sind nach deutschem Recht da allzumeist nach der Erstveröffentlichung machtlos.
Bandbreite sieht sich selbst als Teil der Friedensbewegung und als antifaschistisch. In einer von langer Zensur-Geschichte geprägten Linken muss es schon harte, belastbare Argumenente geben, Künstlern diese Selbsteinschätzung von außen abzusprechen, was ja einem Berufsverbot gleichkommen könnte. Die Bandbreite ist auf zahlreichen linken Veranstaltungen aufgetreten, z. B. auf Burg Waldeck bei den Freidenkern, die klar links stehen und die dort sehr detailliert gegen die Vorverurteilung argumentiert haben. Bandbreite hat auch auf dem letzten UZ-Pressefest gespielt, zwar nach intensiver Diskussion über die Lieder, wo auch andere linke Liedermacher (z. B. "Schlauch", Bernd Köhler usw.) gegen ein Auftritts-Verbot argumentiert hatten.


Stehen Sie weiterhin hinter der Band und hinter Ihrer Aufforderung, diese auf Wahlkampfveranstaltungen der LINKEN auftreten zu lassen?
Die Fragen insuggerieren Unwahrheiten: weder stehe ich pauschal hinter irgendeiner Band, noch habe ich je "aufgefordert", dass diese Band im Wahlkampf auftritt. Aber Zensur und Verbote gelten für mich – mit Bertolt Brecht – einzig und allein gegen faschistische Inhalte. Ansonsten bin ich für Freiheit in der Kunst. Und ich empfehle der Linken auch hier künstlerische Meinungsvielfalt. Auch was satirische Formen anbetrifft: Nehmen Sie als Beispiel Randy Newman, dessen Konzerte in den Siebzigern verboten werden sollten, weil er "Short People got no reason to live" gesungen hatte, obwohl er dies sarkastisch gegen Leute schrieb, die Kleinwüchsige diskrediert hatten. Mit Kunst muss man sich energisch beschäftigen und nicht meinen, mit irgendeinem Zeilenzitat einen Künstler ausbürgern zu können - von wo auch immer!


Herr Brakebusch hat in einem Brief an den Landesvorstand Niedersachsen Ihren Parteiausschluss gefordert. Würden Sie eine entsprechende Entscheidung akzeptieren?
Herr Brakebusch hatte die PDS einst mit schwerer Parteischädigung verlassen. Das Bundesschiedsgericht entschied darum, ihn nicht in DIE LINKE aufzunehmen.. Viel später trat er wieder ein. Heute betreibt er eine Internet-Seite – aber vor allem wieder gegen die eigene Partei. Kurz vor der Landtagswahl steigerte sich dessen Hetze gegen die linke Landtagsfraktion. Und als Anfang 2013 die Umfragen unter 5 % lagen, wurde dies dort mit "time to say good bye" zynisch bejubelt. Es gibt niemanden, der in der niedersächsischen Linken heute Veranwortung trägt, der von Brakebusch noch ein Stück Brot nähme.