Nachtrag zur erfolgreichen Veranstaltung des Landesvorstands Niedersachsen und Kreisvorstands Hannover "Antisemitismus, Islamphobie und Krieg"

 

Ein Schritt zu sozialistischen Umgangsformen

Wir kämpfen gegen Krieg. Wir wollen, dssß Menschen miteinander reden und nicht Waffen gegeneinander. Möglichst auf der ganzen Welt. (Das schließt einen besseren Umgang von Palästinensern mit jüdischen Israelis + vice-versa ein.) Aber nicht einmal wir, die wir in unserer Partei geringere Entfernung unserer Interessen und Standpunkte (=Stehpunkte? Gehpunkte?) haben, können oft zivilisiert miteinander umgehen.

Aber: es geht! Die gestrige, gut besuchte Veranstaltung des Landesvorstands Niedersachsen und Kreisvorstands Hannover hat das gezeigt. Der gesamten Partei!

 

In Zukunft wird es schwerer werden, wenn die einen die anderen Genossen mit nicht hinterfragten Zitatfetzen "Proimperialisten" und "Kindesmordbeihelfern" denunzieren wollen; und umgekehrt: zu "Antisemiten" und "Halbnazis innerhalb der Linken". Die Freude von AfD, CSU, CDU, SPD, FDP, Grünen und Medienkaste, von ihren Ab- und Versagen gegenüber sozialen Menschenrechten durch Fingerzeig auf den innerparteilichen Streit der Linkspartei, abzulenken, dürfte von nun an ein wenig trüber werden. Wir konnten mit vielen Zankformen jedenfalls nie punkten.

 

Doch gestern kam es anders. Dafür bin ich besonders Benjamin Krüger, dem langjährigen Sprecher von BAK Shalom, dankbar, der der Einladung von Herbert Behrens (der mit Giesela Brandes-Steggewentz souverän moderierte) gefolgt war.

 

Dass ich meinem Freund Wolfgang Gehrcke für seine (auch selbstkritischen) Argumentationen und sein großartiges Buch, "Rufmord: Antisemitismus", dankbar bin, ist selbstredend.

 

Darum geht es: wir werden in unserer Partei in vielen Fragen (Mitregieren, EU/Euro, Pazifismus u.a.) über längere Zeit keinen gemeinsamen Standpunkt, manchmal keine klare Mehrheit und oft nicht einmal einen Kompromiss hinkriegen, wiewohl wir uns mit guten Argumenten anstrengen. Und DANN kommt es darauf an, sich nicht die großen Medien oder die junge Welt und shitstorms von außen zur Hilfe zu rufen, sondern miteinander vernünftig, ja auch solidarisch, umzugehen. Das meinte Benjamin Krüger mit seinem auch selbstkritischen Hinweis, Bildungsarbeit sei langfristig meistens besser als Presseerklärungen, welche die Gefahr von Denunziation beinhalteten und nur kurzfristig Erfolge aufweisen
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Die allermeisten Ausführungen am Samstag, 5.9., in der Jugendherberge Hannover waren von großer Sachkunde geprägt und brachten Lerngewinn und neue Informationen. Und selbstverständlich konnte das gestern nur ein Anfang sein. Hans-Georg Hartwig hat mit seiner sachlichen und konzentrierten Einführung in den Nahostkonflikt etc. wesentlich zu einer Atmosphäre beigetragen, die sich wohltuend von manch anderer Begegnung mit diesem Thema unterschied.

 

Es geht aber nicht nur um weniger Aggressivität unter uns, sondern um Frieden im Nahen Osten. Und da waren sich das Podium und die meisten Teilnehmer einig:

- auch wenn die Chancen (durch falsche Handlungen auf beiden Seiten) geringer wurden, ist eine Zweistaatenlösung weiter nötig, die Frieden, soziale Gerechtigkeit und Wasserzugang einschließt

- die internationalen Friedenskräfte und -bewegung muss sich, besser vernetzt, (staats-) terroristischen Ansätzen in den Weg stellen. Unsere Empathie ist bei den Opfern und Unterdrückten, den verfolgten Linken und Gewerkschaftern, die es in Palästina und der gesamten Region, aber eben auch in Israel gibt

- gegen Antisemitismus und anderen Rassismus, Antikommunismus und subjektive "Bausteine" der neuen und alten Nazis müssen wir in Deutschland noch viel mehr gemeinsam tun

- demokratische Kritik an Netanjahus Politik ist nötig und kein Antisemitismus, die Ablehnung der Hamas als Partner ist für uns ebenso notwendig und richtig

 

Da ich den Antrag auf dem Landesparteitag im Februar 15 gestellt hatte, statt vier (uns weiter zerfetzender) Anträge der beiden Gegenseiten, diese zurückzustellen und zunächst diese Tagung durchzuführen, möchte ich hier dem Landesvorstand und dem Kreisvorstand noch einmal danken. Und beiden: Wolfgang Gehrcke (den die Bundesstiftung RLS bis heute nicht einmal als Mitglied aufgenommen hat) und Benjamin Krüger (den niedersächsische Parteimitglieder bis zuletzt ausladen wollten) - nicht nur dafür, dass Benjamin scharf dem "Antisemitismus-Vorwurf" gegen mich widersprochen hat, sondern besonders, weil er seine auch "proisraelischen" Argumente so ausführte, dass viele anschließend sagten, dass sie auch nicht-akzeptierte Standpunkte nun wenigstens besser verstehen könnten.

 

Wenn wir in den nächsten Tagen eine neue Bundestags-Fraktionsspitze wählen, werden wir noch mehr besseren Umgang miteinander lernen müssen. Und bei manchem Kompromiss wird dann Gregor Gysi nicht mehr mit formulieren. Wer uns von außen spalten will (oder gar von innen) wird daran keinen Gefallen finden.

 

Aber: Sozialismus heißt nicht nur, den Monopolkapitalismus niederzuringen, sondern auch möglichst viele unserer bescheidenen Kräfte dafür zur Verfügung zu haben! Die eben nicht mehr so innerparteilich verzettelt, gebunden und verschlissen werden dürfen, wie in der vergangenen Gewöhnlichkeit.