Der Bundestag debattierte am 14.4. die von der EU-Kommission vorgelegte Strategie für die Donauregion und den Koalitionsantrag zu ihrer Umsetzung. Doch anstatt wirtschafts- und verkehrspolitische Ziele mit dem Erhalt der Ökosysteme der Donauregion in Einklang und die sozio-ökonomischen Gegensätze zwischen den 14 Anrainerstaaten zu überwinden, liefern EU und Bundesregierung nur ein gigantisches Wirtschaftsförderungsprogramm. Davon profitieren nur Banken und Unternehmen vor allem aus Deutschland - auf Kosten der Umwelt und der sozialen Entwicklung.

Rede von Dr. Diether Dehm im Deutschen Bundestag am 14.4.2011 zur Beratung des Antrags der Koalitionsfraktionen "Strategie der Europäischen Union für den Donauraum effizient gestalten".


Dr. Diether Dehm (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Die Donaustrategie bzw. das, was die Kommission da will, stellt wirtschafts- und verkehrspolitische Ziele über den Erhalt von Ökosystemen und verschärft außerdem die vorhandenen sozioökonomischen Gegensätze zwischen den acht EU-Staaten und den sechs übrigen Donauanrainern weiter. Der Koalitionsvertrag fällt noch hinter den Vorschlag der Kommission zurück.

Bis 2020 sollen die Kapazitäten für den Güterschiffsverkehr verdoppelt werden. Dazu sollen bestehende Engpässe für die Schifffahrt beseitigt werden. Die Donau soll ganzjährig für große Binnenschiffe mit einem Tiefgang von bis zu 2,50 Metern schiffbar sein. Das bedeutet Flussbegradigung, Vertiefung von Fahrrinnen und Aufstauungen. Die Engpässe, die da einbetoniert werden sollen, sind aber auch Auenlandschaften. Wir halten Güterschiffe durchaus für eine zukunftsfähige Verkehrsform. Der Donauausbau sollte aber kein Bauplan für ein soziales und ökologisches Desaster sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Umweltziele bleiben unkonkret. Aber es gibt bereits eine konkrete Finanzierung für NAIADES und die TEN-Projekte bzw. für den Straßen- und Schienenverkehr. Bayern plant so den Donauausbau mit Staustufen im einzig unverbauten Abschnitt zwischen Straubing und Vilshofen. Die Linke ist dagegen und steht an der Seite der Umweltinitiativen vor Ort.

(Beifall bei der LINKEN)

In Mittel- und Südosteuropa ist die Wirtschaft noch stärker eingebrochen als sonst in Europa. Das gilt besonders für Ungarn und Rumänien, die im Gegenzug für IWF-Kredite brutale Verarmungsprogramme einleiten mussten. Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche rechnet zwar ab diesem Jahr mit Wachstumsraten von durchschnittlich 3 Prozent, unterstreicht aber, dass diese Staaten fünf bis sieben Jahre an sozioökonomischer Entwicklung verloren haben. Wie sollen mit den brutalen Sparprogrammen der Europa-2020-Strategie, auf die die Kommission als Ausweg ver­weist, Bildung und Beschäftigung ausgebaut werden?

Die Kommission veranschlagt die Gesamtkosten der Donaustrategie auf rund 100 Milliarden Euro, die durch Umschichtungen aus Kohäsionsfonds, aus dem Europäischem Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) und dem Sozialfonds aufgebracht werden sollen. Dies ist höchst problematisch. Denn die mehrjährige EU-Finanzplanung für 2014-2020 sieht zum Teil massive Einschnitte in der Kohäsionspolitik und eine weitere Verengung des Förderfokus auf Privatisierung und Wettbewerbsfähigkeit vor - zu Lasten von nötigen sozialen Ausgleichsprogrammen.

Monopolkapitalistische EU-Politik beantwortet nirgendwo die Frage: Wie sind Wirtschafts- und Binnennachfrage anzukurbeln, wenn man sie gleichzeitig – an der Donau, in Griechenland, Portugal und letztlich auch in Deutschland – kaputtkürzt?

(Zuruf von der CDU/CSU: Seit wann fließt die Donau in Kuba?)

– Ich habe schon intelligentere Zwischenrufe gehört. – So profitieren von diesem gigantischen Infrastrukturprogramm in erster Linie Konzerne und Großbanken aus Kerneuropa – besonders deutsche und österreichische –, die die Märkte bereits beherrschen.

Eine nachhaltige soziale und ökologische Integration der Region kann nur mit der von Gewerkschaften und uns geforderten sozialen Fortschrittsklausel sowie der grundlegenden Revision der Lissabon-Verträge erreicht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die EU muss ihre Grundrichtung komplett ändern, sozial und ökologisch werden und nicht nur in der Donauregion endlich zu den Menschen kommen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)