Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Westerwelle, Frau Merkel,

 

Sie haben bisher noch keine Griechen gerettet, sondern nur die Besitzer griechischer Schuldverschreibungen. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben nicht die Spareinlagen der kleinen Leute bei uns gerettet, sondern Josef Ackermann, der Sie berät und den Sie Geburtstag im Kanzleramt feiern lassen. Der Ackermann-Merkel-Kurs zwingt die südeuropäischen Konjunkturen in die Knie und auf die Knie. Aber wenn Griechenland und Spanien fallen, wenn Sie die Euro-Zone nicht halten können, dann können Sie auch unsere Exportkonzerne einsargen.
Meine Damen und Herren, während Deutschlands Bürger morgen wieder für Ackermann und die Finanzhaie mit gut 253 Milliarden Euro bürgen sollen, schließen in Kommunen Schwimmbäder und Kulturzentren. Überall wird städtische Daseinsvorsorge in dieser Not zu Cashflow gemacht, in die Privatisierung getrieben. „Privare“ ist Lateinisch und heißt rauben. Aber die Gemeinden sind unser Zuhause und kein Fraß für Finanzhaie.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt Schuldverschreibungen, meine Damen und Herren, brauchen wir Nachfrage in den Verbrauchertaschen. Städte und Gemeinden müssen wieder kaufkräftig werden. So müssen auch Löhne und Renten steigen. Das ist das Antikrisenkonzept, das Ihnen neuerdings sogar konservative Ökonomen vorrechnen.
Was glauben Sie denn, warum Frank Schirrmacher, Herausgeber der größten konservativen Zeitung in Deutschland, der FAZ, vor drei Wochen schrieb, er fürchte, die Linken hätten recht?

(Beifall bei der LINKEN)

Deutsche Billiglohnjobs sind der Motor immer tiefer in die Krise hinein. Solange in Deutschland als einzigem und größtem EU-Land die Reallöhne weiter derart sinken in den vergangen zehn Jahren um 4,5 Prozent und die Exportüberschüsse steigen, solange die Länder Süd- und Osteuropas sich weiter verschulden müssen, weil deutsche Lohnpresser diese Märkte immer schneller mit Produkten aus immer billigerer Arbeit, hergestellt in höchster Produktivität, überschwemmen, wird die Krise immer schlimmer.
War da nicht mal die Rede von einer Finanztransaktionsteuer? War da nicht mal ‘was mit der Krisenbeteiligung privater Gläubiger und Großzocker? Das wurde auf die freiwillige Basis abgeschoben, so, als ob man den Marder im Blutrausch bitten könnte, sich selbst die Maulsperre einzuziehen.

(Beifall bei der LINKEN - Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Guten Morgen!)

War da nicht mal ‘was mit der Erhöhung der Risikodeckung der Großzocker, was selbst der Internationale Währungsfonds erst vergangene Woche gefordert hat? Die Deutsche Bank hat hartes Eigenkapital von 30 Milliarden Euro bei einer Bilanzsumme von 2 000 Milliarden Euro. So sieht die nächste Zeitbombe aus.
Das Bundesverfassungsgericht soll ja wohl alle Beschwerden zurückgewiesen haben. Aber beim Bundesverfassungsgericht haben wir gelernt, genauestens in die Auflagen hineinzuschauen. Ich greife dem nicht vor, wenn ich sage: Wer eine umfassende parlamentarische Kontrolle der EFSF, der anderen Pakete ablehnt und sagt, diese sei nicht möglich, weil die Finanzmärkte immer schnellere Entscheidungen forderten, der ist ein Gegner unserer Verfassung.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer beim Änderungsgesetz die parlamentarische Mitwirkung beschneidet, zwingt auch die Linke, erneut nach Karlsruhe zu gehen. Und auch dieses wird nicht erfolglos bleiben.
Als ich letzte Woche ein Deutschlandfunk-Zitat von Ihnen, Frau Merkel, auf den Nachdenkseiten von Albrecht Müller gelesen habe, habe ich erst gedacht, da muss der Albrecht Müller einer Stimmparodistin auf den Leim gegangen sein. Ich zitiere einmal mit Genehmigung des Präsidenten:

"Wir leben ja in einer Demokratie,"
danke schön
"und das ist eine parlamentarische Demokratie,"
auch hier: danke schön für die Belehrung
"und deshalb ist das Budgetrecht ein Kernrecht des Parlaments,"
– auch für diese tolle Erkenntnis danke ich –
"und insofern werden wir Wege finden, wie die parlamentarische Mitbestimmung so gestaltet wird,"
und das lassen Sie sich jetzt bitte ganz langsam auf dem Hirn zergehen
"dass sie trotzdem auch marktkonform ist."

„Die parlamentarische Mitbestimmung so gestalten, dass sie marktkonform ist.“

Frau Merkel, es gibt hier in diesem Deutschen Bundestag – da muss ich auch Kolleginnen und Kollegen anderer Fraktionen in Schutz nehmen – noch ausreichend Kolleginnen und Kollegen, die gar nicht daran denken, sich hier marktkonform zu verhalten, sondern sich vielmehr demokratisch verhalten.


(Beifall bei der LINKEN Zuruf von der FDP)


das werden Sie von der FDP wahrscheinlich nie begreifen, weil es noch Millionen Dinge und Menschen auf dieser Welt gibt, die wir nicht den Märkten unterordnen dürfen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die wie ein Gottesurteil beschworenen bzw. wie einen Olymp angebeteten Finanzmärkte bestehen in Wahrheit aus fünf Großbanken und drei Ratingagenturen. Und dann gehören noch dem Hauptaktionär der Deutschen Bank, Blackrock, zwei von den drei größten Ratingagenturen. Blackrock ist also das Verbindungsglied zwischen Deutscher Bank und den Ratingagenturen. So sind die sogenannten Finanzmärkte aufgestellt, denen Sie parlamentarische Entscheidungen unterordnen wollen. Mit diesen fünf Großbanken und diesen drei Ratingagenturen gehen Kolleginnen und Kollegen, gehen Demokratinnen und Demokraten in diesem Land nicht konform. Sie gehen nach Karlsruhe, sie gehen auf die Straße. Wir werden diese Bankenmacht brechen müssen, wenn uns unsere Demokratie, wenn uns unser Parlament, wenn uns unser Leben lieb ist.


(Beifall bei der LINKEN Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Die rote Fahne weht voran! Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Rotfront, Genosse!)