Laut Lexikon ist Konstantin Wecker („Sag Nein!“ „Willy“) der populärste Liedermacher Deutschlands. Mit ihm sprach sein Kollege Diether Dehm (Autor von „1000mal berührt“), der für die „Linkspartei“ in Niedersachsen auf Platz 1 kandidiert. Am 13.September 19h treten beide in Hannover „Am Steintor“ unter „Kultur von links“ auf - zusammen mit Chumbawamba, Peter Sodann usw.
Diether Dehm:
Du hast schon reichlich Enttäuschung eingefahren, als Du Dich für `ne Partei engagiert hattest. Warum jetzt doch wieder?
Konstantin Wecker:
In der Tat, nach dem Reinfall mit SPD und Grünen, da haben viele Künstler wie ich von Parteipolitik für ziemlich lange die Schnauze voll gehabt. Der Bundestag scheint ja so eine Art „Schimmelpilz der Anpassung“ auszustreuen. Besonders dann, wenn kein frischer Wind drankommt, weil die Gesellschaft stillsteht ….
DD:
Wie? Die Gesellschaft hat doch in Sachen Handys und Internet rasante Bewegungen?
KW:
Da verstehe ich was andres darunter. Als die SPD die Gewerkschaften und die Grünen die Antiatombewegung und vor allem die Friedensbewegung ruhig gestellt hatten, da begann auch ihr parlamentarisches Leben abzufaulen…. …Deswegen habe ich jetzt, wenn ich mich engagiere, viel mehr die außerparlamentarische Bewegung im Auge. Ich möchte, dass sich die neue Linkspartei, wenn sie im Bundestag ist, zuallererst als eine Stimme der Opposition, der sozialen Bewegungen, des Antikriegsprotests versteht. Erst wenn in diesem Land – wie in Berlin am 14.Februar 2003 die halbe Million gegen den Irakkrieg - Hunderttausende für den Sozialstaat, für ein besseres Gesundheitswesen, für Lehrmittelfreiheit demonstrieren, ja, auch wenn die Rentner sich zu wehren anfangen, erst dann kommt auch wieder Bewegung in den Bundestag. Aber dann muss da auch eine starke linke Opposition sitzen, die den Ball von außen aufnimmt. Deswegen sympathisiere ich auch – durchaus nicht unkritisch -  mit der Linken im Bundestag.
Und wie soll das gehen?
KW:
Wie du weißt habe ich im Vorfeld mit dir, Daniela Dahn, Prof. Rudolf Hickel Peter Sodann und vielen anderen aus WASG und PDS darüber gesprochen und mich stark für ein Bündnis gemacht. Ich halte das Linksbündnis für einen wirklich wichtigen Schritt, Opposition auf parlamentarischer Ebene wieder zu artikulieren – deshalb auch halte ich aber diese parlamentarische Ebene nicht für das einzige, ja, noch nicht einmal für das entscheidende Feld der Auseinandersetzung. Bei unseren Gesprächen sind gemeinsam recht genaue Vorstellungen entwickelt worden, wie eine Fraktion im Bundestag Anlaufstellen finanzieren wird, um zum Beispiel die außerparlamentarische Aufklärung über die Ungerechtigkeit von Kriegen und von Superprofiten zu professionalisieren. Außerdem soll es zwischen Künstlern, die sich für Frieden und Demokratie engagieren und den Linken im Bundestag eine personelle Verbindung geben. Denn viele Künstler sind es leid, immer nur kurz vor Wahlen angerufen zu werden und danach kümmert sich die Politik drei Jahre lang kein bisschen mehr um deren Kritik und Anregungen
Aber die Linkspartei kann doch nicht eine ganze Legislatur nur außerparlamentarische Opposition sein?
KW:
Nein, sie soll am Mikro des Bundestags eine starke Stimme für die Schwachen sein. Sie soll den wirtschaftlich Mächtigen in die Karten gucken und nachrechnen, wenn die das Volk durch ihre Lobbys für dumm verkaufen wollen. Abgeordnete sollen mit ihrer parlamentarischen Immunität zum Desertieren im Kriegsfall aufrufen, oder innerhalb der Bannmeile gegen Nazis demonstrieren. Und natürlich auch Alternativen zu Hartz IV und Studiengebühren entwickeln. Sie sollen Attac, die Globalisierungskritiker, die Gewerkschaften mit Insiderwissen aus den Machtzentralen versorgen.
Deshalb begrüße ich  den offenen Brief der über 150 Einzelpersonen und Gruppen aus dem antirassistischen Spektrum, in dem das Bündnis aufgefordert wird, gesellschaftlichem Rassismus offensiv entgegenzutreten, grundsätzlich für die Rechte von Flüchtlingen einzutreten und Abschiebungen konsequent abzulehnen. Das „Friedenspolitische Manifest“ von Tobias Pflüger und Judith Demba, das in 18 Punkten ein „klares friedenspolitisches Profil“ formuliert, habe ich mit unterzeichnet. Eine starke Linke kann schon neues und frisches Leben in den Bundestag bringen. Aber alles bringt am Ende nichts, wenn die Menschen nicht wieder Lust und Mut bekommen, sich selbst in ihre eigenen Angelegenheiten – vom Kindergeld bis zur Rente -  einzumischen, sich selbst zu vertreten.
Und dabei kann eine Partei nur helfen, das kann sie nie ersetzen. Genau wie wir Künstler mit unsern Liedern dabei nur helfen können. Aber eben auch müssen.
„Ist der Schriftsteller nur da, um die höchste Sprachmeisterschaft zu erreichen oder besteht seine Aufgabe nicht vielmehr darin, mit seinem Schreiben das Unrecht auf der Welt, wo immer es sich auch zeigt. Zu bekämpfen, die Menschen für soziale und moralische Einsichten empfänglich und für sich selbst verantwortlich zu machen, jeden Krieg als Verbrechen zu brandmarken, und auf die Gefahr hin, ein Leben lang verkannt und verdächtigt zu werden, stets einer Gesellschaftsordnung das Wort zu reden, in welcher gleiches Recht für jeden gilt und die Freiwilligkeit zur Einordnung in das Ganze schließlich zur sittlichen Regel wird?
Von da ab wurde mir klar, dass ich nur noch ein Schriftsteller im letzteren Sinn, also zeitlebens ein sogenannter „engagierter“ Schriftsteller sein konnte, dessen Talent zugleich eine unabdingbare menschliche und soziale Verpflichtung war.“
Diesen Worten von Oscar Maria Graf ist nichts mehr hinzuzufügen.