Zur Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Europäischen Parlament in Straßburg erklärt der europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE., Dr. Diether Dehm:
Die Bundesregierung stolpert in die EU-Ratspräsidentschaft ohne sichtbare Perspektiven und Vorstellungen. Es ist nicht akzeptabel, wenn Frau Merkel betont, dass bis 2009 „Kernpunkte der EU-Verfassung“ umgesetzt werden sollen, ohne auch nur ansatzweise konkrete Inhalte aufzuzeigen.
Die Linke stimmt den Aussagen aus Frankreich, den Niederlanden und auch der sehr nachdenklichen Ausführung des neuen Außenministers der Tschechischen Republik zu, dass diese Verfassung im Kern gescheitert ist. Auch die jüngsten Äußerungen von Altbundespräsident Roman Herzog sind ein deutlicher Beweis dafür, dass die Kritik an der derzeitigen Verfasstheit der Europäischen Union immer breiter wird.
Die jetzigen Debatten zeigen deutlich: Die Linke, die als einzige Fraktion im Deutschen Bundestag „Nein“ gesagt hat zu diesem neoliberalen und militaristischen Verfassungsvertrag der europäischen Regierungen, wird mit klar formulierten Eckpunkten zum Verteidiger der Idee einer europäischen Verfassung gegen alle, die jetzt über „Verfassungsverträge“ oder „Grundgesetze“ nachdenken.
Wir sind echte Verfassungspatrioten, die eine eng an den Vorstellungen des deutschen Grundgesetzes orientierte europäische Verfassung wollen. Gerade die antifaschistische und friedenspolitische Ausrichtung des Grundgesetzes, die allen Formen von Angriffskriegen eine deutliche Absage erteilt hat, wollen wir auch in einer europäischen Verfassung wiederfinden. Auch die wichtigen Aussagen zur Sozialbindung des Eigentums im Grundgesetz stehen im klaren Widerspruch zum einseitig neoliberalen Verfassungsvertrag der Regierungen.
Wir fordern, dass ein solcher Verfassungsvertrag von allen Bürgerinnen und Bürgern durch eine europaweite Volksabstimmung angenommen werden muss.