Der Vertrag über eine Reform der EU hat eine weitere Hürde genommen. Das Parlament in Tschechien stimmte dem Dokument zu. In Deutschland entscheidet das Verfassungsgericht über den Vertrag. Im Gespräch mit news.de erläutert der europapolitische Sprecher der Linksfraktion, was für seine Partei gegen den Vertrag spricht.


Das tschechische Abgeordnetenhaus hat heute nach kontroversen Debatten dem EU-Reformvertrag zugestimmt. 125 Abgeordnete votierten für den Lissaboner Vertrag, 61 dagegen. 120 Stimmen in der 200 Sitze umfassenden Kammer waren für die Annahme erforderlich. Die zweite Parlamentskammer, der Senat, will später über den Reformvertrag abstimmen.

Damit der Vertrag in Kraft treten kann, muss er von allen 27 EU-Mitgliedern bestätigt werden. Das parlamentarische Verfahren in Deutschland ist abgeschlossen, allerdings steht die endgültige Ratifizierung des Reformvertrags noch aus. Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen unter anderem der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler und die Linksfraktion des Bundestags.

Diether Dehm, europapolitischer Sprecher der Fraktion, begründet die Klage im Gespräch mit news.de vor allem mit den Widersprüchen zum Grundgesetz. «Der Lissabon-Vertrag greift die Sozialstaatlichkeit an, die dort festgeschrieben ist.» Demokratische oder parlamentarische Kontrollen in Brüssel fehlten. Die Machtbündelung bei der EU müsse kontrolliert werden, fordert Dehm. Außerdem sei die Reform nicht ausreichend vermittelt worden. «Man darf keinen Vertrag machen, der kaum leserlich ist und von oben nach unten durchgereicht wird.»

Neben Deutschland haben nur Polen und Irland die EU-Reform noch nicht ratifiziert. Während in Polen nur noch die Unterschrift von Staatspräsident Lech Kaczyński fehlt, steht in Irland eine zweite Volksabstimmung aus. Sie ist im Moment für Juni oder Oktober geplant. Dehm sieht in Europa trotz der Zustimmung der anderen Länder eine breite Front gegen den Vertrag. «Das große Spektrum der Klagenden in Karlsruhe zeigt, dass es eine breite Skepsis gibt.» Auch bei dem wiederholten Referendum in Irland erwartet Dehm ein «Nein». «Es gibt auch dort eine Ablehnung besonders aus Arbeitergebieten.»

Aus Sicht der Linksfraktion spricht jedoch nichts grundsätzlich gegen eine Reform der EU. «Wir wollen eine ordentliche Verfassung, nach Volksabstimmungen in allen EU-Ländern», erklärt Dehm. Man könne die Menschen nicht durch einige positive Effekte, wie die Reisefreiheit, an Europa binden. «Man muss sie wieder interessieren und richtig anteilnehmen lassen. Es würde der EU auch mehr Boden unter den Füßen geben, wenn über eine Volksabstimmung entschieden wird.»

 

Quelle: http://www.news.de/politik/1216777850260/tschechisches-parlament-stimmt-eu-reform-zu.html