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Fünftens: 7,1 Prozent und unsere Erfolgsgeschichte in Niedersachsen

 
Schon mit dem Nominierungsparteitag hatte der niedersächsische Landesverband als erster seiner Art im Bundesgebiet eine Pionierrolle einzunehmen. Damit und mit dem nachfolgenden Bundestagswahlkampf haben wir unsere Feuerprobe bestanden. Besonders der Anteil der künstlerischen Beiträge im Wahlkampf wurde unser Markenzeichen. Mit 7000 Menschen feierten wir die Abschlusskundgebung mit
Konstantin Wecker, Peter Sodann, Chumbawamba und Oskar Lafontaine u.v.a. vor der Hannoveraner Oper, wo Kanzler Schröder in seiner Heimatstadt zwei Tage zuvor 10 000 Menschen versammelt hatte. Wir haben unsere Durchbrüche immer auch kulturell realisiert – und dabei soll es auch bleiben. Ebenso intelligent waren unsere Kommunalwahlkämpfe angelegt und sogar auch teilweise inszeniert, die in eine Verzehnfachung der Mandate mündeten. Dass wir Zank und Strömungskämpfe meist überwanden, und – wo nicht – nicht in die konzerngesteuerten Medien dringen ließen, ist durchaus eine Besonderheit unseres niedersächsischen Wegs.  Die Fusion in Niedersachsen hatte wiederum Pilotcharakter: Wie Hessen mussten wir die schwierige Parteivereinigung bei  gleichzeitiger Vorbereitung der Nominierungen in den Wahlkreisen, beim Erarbeiten  eines Wahlprogramms, der mühsamen Begrenzungen auf wenige Schwerpunkte und den Vorbereitungen zum Wahlkampf leisten. Alle Gremien der Partei haben in großer Solidarität und Disziplin diese Doppelbelastung geschafft.  Unser  Landtagswahlkampf war mit den Plakatlosungen, bei der Kino-, TV- und Radio-Werbung kreativ und dennoch schlicht verständlich. 
Der  „Große Ratschlag“ soll  nun ein neues Kapitel aufschlagen im Verhältnis zwischen parlamentarischem und außerparlamentarischem Kampf. Auch durch ihn kamen wir um eine von den Medien forcierte alternative Dogmatik herum: Entweder uns auf Rotgrün-Verweigerung oder Pro-Regierungslager festzulegen. Wir wussten einerseits, dass viele unserer  Wähler eine engere Kooperation mit Rotgrün wünschen, aber viele unserer Mitglieder das komplette Gegenteil. Das hätte uns so auseinanderreißen können, wie anfänglich die Hessen. Andererseits ahnten wir, dass es zu einer Wechselstimmung in Niedersachsen kaum kommen würde. Wir sagten einfach den Medien und anderen „Inquisitoren“: Das entscheiden wir zwei Tage nach der Wahl mit unserer organisierten Wählerschaft, mit attac, mit Sozialverbänden, Antiatomkämpfern, Gewerkschafterinnen und Friedensbewegung beim „Ratschlag“ – und der Versuch, uns darüber zu spalten, ging in die Leere. Der „Ratschlag“, der uns zuerst aus der Zwickmühle halten sollte, wurde dann ein eigener Wert und einRiesenerfolg. Auch sein mediales Echo: die Linken meinen es ernst mit der Stimme des  Protests im Parlament.  Und jetzt werden wir ihn fest institutionalisieren. Nur, weil wir immer versucht haben aufeinanderzuzugehen, weil wir unseren innerparteilichen Streit nicht haben ausufern lassen, weil die Anhänger des Wechsel-Ansatzes und die des Oppositionsansatzes  beieinander blieben, gelang es den Medien nicht – auch nicht bei der späten Entscheidung – uns auseinander zu treiben.  Wir waren beweglich durch Einigkeit. Das soll uns in Zukunft erinnerlich bleiben, wenn Streit uns auseinanderzutreiben droht. Auseinandersetzung, wenn sie nicht um die bessere strategische Verbesserung der sozialen Lage unserer potenziellen Wählerschaft geführt wird, sondern nur als Fortsetzung des ordinären alltäglichen  „Jeder-gegen-Jeden“, ist eine weitere Schwächung der ohnehin Geschwächten  und wird dazu führen, dass sie sich enttäuscht von uns abwenden. Unseren  Mitgliedern, besonders den neuen wie denen, die lange dabei sind und hart arbeiten, ohne privilegierte Funktionen anzustreben, sind wir die Kraft schuldig, Gräben nicht gedankenlos aufzureißen, und – wo sie doch entstanden sind – diese zuzuschütten. Aber vor allen Dingen sind wir dies den Menschen schuldig, die eine  kraftvolle Opposition gegen die Kapitalherrschaft wollen, die sie tagtäglich sozial ausgrenzt und kulturell verhöhnen will.