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Kategorie: Positionen

Wir kennen uns lange, Volkhard, haben jüngst erst gemeinsame Veranstaltungen und Veröffentlichungen gehabt. Erlaube mir deshalb, meinen Eindruck zu formulieren: Dein Schreiben klingt mir ein bisschen "fremdbestimmt" und abgestimmt mit Deiner Londoner "Bruder"organisation … Merkwürdig aufgesetzt im Verhältnis zu dem, was ich in den letzten vier Jahrzehnten aus Deiner Feder schätzen gelernt habe.

 

 Im Einzelnen: Wie kannst Du die schlichte Frage übergehen, wer das Nötige sagt und wo, damit es nicht ungesagt bleibt?

 

Konkret: Wenn ich am Pfingstmontag nicht da gewesen wäre, wären eben meine (auch frenetisch beklatschten) Aussagen zur seit 1933 "arisierten" Deutschen Bank als "größter Verbrecherbande und Finanzjongleurin der jüngeren Menschheitsgeschichte" unterblieben. Und – mir besonders wichtig – die Äußerungen gegen Antisemitismus und dessen Rolle in Krisen [siehe youtube, wofür ich dann Zustimmung nicht nur am Platz, sondern auch hernach von akl bis fds (!), von Konstantin Wecker bis Kooperation für den Frieden hatte] usw. Oder sollte das ungesagt bleiben?

 

Mein Imperativ bleibt der von Brecht: "Wie immer sie euch mitspielen/gebt keinen euresgleichen auf." Und der "Mutter" lässt er sagen: "... und nicht einmal die auf ihn schossen/waren andere als er/und nicht ewig auch unbelehrbar."

 

Was soll dagegen das antiwissenschaftliche Wort von der "Querfront"?

 

Also hingehen! Die "NoGo-Region" sind Faschisten!

Nicht Leute, die Dir oder mir (noch so ein inflationierendes Scheißwort:) "problematisch" erscheinen.

Lies Dir den Brecht lieber noch zweimal durch!

 

Außerdem: Wie kann man den 17. Juni, den Maidan, die syrische Opposition als "Volksbewegung" hochleben lassen, wie Du mit "M21" punktuell? Aber über Berlin mit fadenscheinig herbeizitierten Partikeln derart oberlehrerhaft zu Gericht sitzen!? (Schmankerl, nur am Rande: gemeinsam mit den schlimmsten, sich "links" gebenden Oberanpassern, mit taz, Spiegel & Co ....)

 

Das passt alles nicht! Wenn ich mich an Eure Verharmlosungsversuche des Maidan erinnere, wird mir ganz schlecht. Und auf dem Maidan, da waren die Faschisten tatsächlich gestaltend! In Berlin habe ich nur einen Nazi vorbei- (und nach meiner Beschimpfung) wütend weglaufen sehen. EINEN!)

 

Denk mal an unser Frankfurter Römerbündnis gegen die NPD: Das haben – leider war es nötig – über Jahrzehnte auch Du und ich unterstützt. Es reichte bei den Machern von Kriegstreibern der CDU über den Zentralrat der Juden (der sich jedes Positivum über Palästinenser und jede Spur Bankenkritik verbeten hatte, wobei wir dem nachgaben) bis zu Leuten, die einst Chileputsch und Pinochet verteidigt hatten usw., während der DKP das Unterzeichnen verboten worden war.

 

Und da sollen wir jetzt mit der Goldwaage jedes Wort überprüfen und Biographien durchspitzeln von Leuten, die nicht 20 Semester Political Correctness studiert haben????

 

Mit mir? Never!

 

Abgesehen davon, scheint mir die jetzt veröffentlichte Montagsmahnwachen-Studie mit ihren Ergebnissen (42 % der Montagsmitmacher wählen DIE LINKE, danach kommen die Nichtwähler, dann Piraten und maximal 12 % AfD. 3,2 % seien antisemitisch; wobei bereits der deutsche Durchschnitt bei 3,5 % liegt!) viel näher an der Dialektik des Alltagsbewusstseins zu sein als Deine mechanisch-selektivistische Verurteilung.

 

Dieser Schrang (oder wie er heißt – aber da sah ich Dich schon nicht mehr am Platz vor dem Brandenburger Tor) nannte sich selbst einen Buddhisten, nervte weit über das Redezeitlimit von 20 Minuten herum. Mit eher mäßigem und abnehmendem Beifall bedacht. Wenn Du Dich vor so einem schon fürchtest oder den Kontakt scheust, wirst du nie mit realen Arbeitern, Bauern usw. auch nur Skat spielen dürfen.

 

Ich habe seither 17 Drohbriefe von Nazis, habe Strafanzeige gegen einen erstattet. Einer muss wohl da gewesen sein, schrie mich an und schrieb mich an, das sei seine letzte Montagsdemo. Ein Montags-Veranstalter rief ihm hinterher: "Und bleib bloß fort!" (Well done!)

 

Ein "white-collar"-Antifaschismus wäre das Gefährlichste, was wir praktizieren dürften!

 

Einst war der "Herrenmensch" nur aus Aristokratie, dann rassistischbiologisch begründet, heute ist er eher kapitaldotiert hochgehalten ("bildungsnahe Schichten" klingt nach Rassismus light; der neorassistische Massenmörder Breivig lobt Netanjahu und die Wallstreet ....).

 

Und jetzt sollen wir Linken Elitäres mit elitärer political correctness bedienen?

 

Zu solcherlei elitären Intellektuellen fiel Gramsci "andare al popolo" und Dostojewski "Demütige dich, stolzer Mensch!" ein. That‘s it!

 

Wir brauchen ein Symposium – vielleicht zu "Herrenmensch heute"! Was meinst Du?

 

Dir und deinen Argumenten weiter geöffnet, verbleibt

Dein

dd

 


PS: Da dies eine Offene Antwort auf Euren Offenen Brief ist, will ich – damit alle sich ein eigenes Urteil bilden können – hier noch links zu Auftritten von mir einfügen:

Bundestagsrede vom 8. Mai: "Vor Obama auf den Knien"

Konzert vom 9. Juni: Diether Dehm: Nie mehr Faschismus - Nie mehr Krieg!

Bundestagsrede vom 25. Juni: "Wer die Wahrheit nicht weiß!"