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Kategorie: Positionen

Diether Dehm und Alexander UlrichVon Diether Dehm und Alexander Ulrich, Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

 Die gegenwärtigen Verhandlungen der EU mit Kanada und den USA um die Handelsabkommen CETA und TTIP werden von einer äußerst kritischen Debatte in der Öffentlichkeit begleitet. Zurecht, denn diese Abkommen sind nicht weniger als eine breite Attacke gegen soziale Rechte, Umweltstandards und demokratische Mitbestimmung. Allerlei "Handelshemmnisse" sollen abgebaut werden. Gemeint sind Finanzmarktregeln, Arbeitnehmerrechte, Umweltstandards, Datenschutz, Verbraucherschutz und vieles mehr.

 

Um diese Attacke abzuwehren, haben 230 Organisationen aus 21 EU-Ländern eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) auf den Weg gebracht. Die Forderung: Eine Aufhebung der Verhandlungsmandate, und damit ein Stopp von CETA und TTIP. Eine Millionen Unterschriften hätten sie gebraucht. Der Erfolg schien fast sicher.

 

Genau dies will die Kommission offenbar mit allen Mitteln verhindern. So hat sie heute die Zulassung der EBI verweigert, und zwar mit zwei "Argumenten": Zum einen dürfe die in der EBI erhobene Forderung nicht negativer Art sein (die Forderung des Bündnisses lautet "Stop TTIP"). Dieses Argument entbehrt nicht einer gewissen Komik. Denkt man es zu Ende, dann dürften Bürgerinitiativen künftig nur noch die Kommission bejubeln, ihre Politik aber nicht kritisieren. Zum zweiten müsse sich eine EBI immer auf bereits existierende europäische Rechtsakte stützen. Die Verhandlungsmandate seien aber keine Rechtsakte, sondern Vereinbarungen zwischen EU-Organen. Dieses rein formalistische Argument bewegt sich juristisch auf ganz dünnem Eis. Ob es vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand hat, wird zu klären sein. Letztlich ist es offensichtlich, dass die Ablehnung der EBI rein politisch motiviert ist.

 

Die Bundesregierung dürfte von dieser Politik der Kommission nicht überrascht sein. Schließlich hat sie bereits in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE ohne weitere Begründung verlautbart, welche Prioritätensetzung zwischen transatlantischem Handel und Demokratie sie im Falle einer erfolgreichen EBI erwartet. Dort heißt es: "Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Aufhebung des Verhandlungsmandates vorlegen wird." Auch die Antwort auf die Nachfrage, wie die Regierung zu dieser Einschätzung komme (Einzelfrage 187 von MdB Dehm), unterstreicht den anti-demokratischen Charakter der ganzen Veranstaltung. Die Bundesregierung erklärte, dass die Kommission ja durch eine EBI nicht verpflichtet sei, einen Rechtsakt vorzulegen, und dass sie auf Basis eines einstimmigen Beschlusses des Europäischen Rates mit den USA und Kanada verhandle. In anderen Worten: CETA und TTIP sollen im Zweifelsfall gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt werden. Es sei die Position der Staats- und Regierungschefs, die zählt. Wenn die Kommission die EBI nun von vornherein blockiert, ist das freilich noch bequemer.

 

Fazit: Die Demokratie ist offenbar das erste "Handelshemmnis", das aus dem Weg geräumt werden soll. Die Kommission bleibt ihrer Linie treu, die Verhandlungen um CETA und TTIP vor jeglicher Art demokratischer Kontrolle zu schützen. Mit der Absage an die EBI will sie ein ganz dickes Schloss vor die verschlossene Tür hängen, hinter der die politische Elite mit den Lobbys aus Wirtschaft und Finanzwelt um die Vertragsinhalte feilscht. Dieser Schuss muss nach hinten los gehen! Der Widerstand gegen diese Monsterverträge wird sich so nicht brechen lassen. Jetzt geht´s erst richtig los!

 

linksfraktion.de, 11. September 2014