Diether Dehm in der Debatte zur Beziehung der EU zum Vereinten Königreich (UK):

Die EU ist eine seelenlose, unsoziale Freihandelszone, in der europäische Arbeitsschutzmaßnahmen und Umweltstandards immer weiter verfallen. So lange das so bleibt, wird sich das Vertrauen der EU-Bürger zu diesem Staatenbund nicht wiederherstellen lassen. Der Brexit der Briten wird nicht das Ende von Austritten sein, wenn die EU nicht das soziale Fortschrittsprotokoll, wie von LINKEN und DGB gefordert, in ihr Primärrecht einbaut! 

Mein kurzer Beitrag am 23.04.2021 im Bundestag zur Debatte der Beziehung der EU zum Vereinten Königreich (UK). 

Die Koalition hat, so wie die Grünen, in Ihren Anträgen richtige Verweise auf klare Klima- und Sozialstandards im Abkommen gegeben, aber natürlich, das Abkommen hätte ins Parlament gehört und zwar in alle Parlamente aber auch hier in den Bundestag und es fehlt die Verbindlichkeit. 

Und wenn man Klima wirklich mit den Menschen machen möchte und es geht nicht anders, es geht nicht über Eliten und es geht nicht nur über schlechtes Gewissen schüren, dann muss man das verbindlich festschreiben: Klima geht nur Sozial!

Und da sind wir beim zentralen Problem, wie es zum Brexit kam und das geht leider die Bundesregierung in ihrem Antrag nicht an. Die Unzufriedenheit und der Zorn, der zum Brexit führte, war nicht nur ein Projekt elitärer und chauvinistischer Potentiale von rechts, sondern es war eben auch eine Beimischung, eine sehr große Beimischung von Menschen, die ihr lebenlang gearbeitet hatten und sich dann einfach abgehängt und verachtet fühlten. Menschen die hier weniger laut klagen über das Ende der Welt, als über das Ende des Monats, weil sie nicht wissen, wie sie über die Runden kommen. 

Und es ist die mangelnde Sozialstaatlichkeit, die den Gegnern jeglicher europäischer Integration, die Hasen in die Küche treibt!

Und wenn ich etwas über die Sozialstaatlichkeit sage, dann ist das nicht nur Beiwerk. Es ist von den Müttern und Vätern der meisten Verfassungen der EU als Replik auf den Faschismus in den vierziger Jahren in die Verfassung, so auch ins Grundgesetz mit Artikel 14, 15 implantiert worden. Warum? Weil man eine Kapitalübermacht begrenzen wollte, die erstens sich einen Hitler finanziert, zweitens auf Fingerschnipp einen Weltkrieg initiiert, jetzt im 80. Jahr des Beginns des Überfalls auf die Sowjetunion sage ich das, und die drittens den Alltag der Menschen durch Lohnpressen und bis zur Zwangsarbeit und zur Sklavenarbeit geprägt hat. Deswegen die Sozialbindung des Eigentums im Grundgesetz und in vielen anderen Verfassungen. 

Und das gehört in das Primärrecht der europäischen Union, wenn sie die Herzen der Menschen und zwar der Menschen, die wirklich sich jetzt beim Brexit in Großbritannien ausgegrenzt fühlten, zurückerobern möchte. Es ist also ein Gebot der Sozialstaatlichkeit und des Antifaschismus, das sage ich gerade in diesem Jahr, dass die Möglichkeiten des Grundgesetz, der italienischen Verfassung, der spanischen Verfassung, andere Verfassungen, im Primärrecht der EU festgelegt wird.

Einige waren vielleicht schadenfroh, dass sich die Labour-Party zerlegt hat, über das soziale Gefälle und über den Brexit. Aber allmählich zerlegt sich auch die ganze EU im Streitfall soziale Grundrechte, Löhne, Streikrecht, Kapitalsteuern immer hinter dem freien Kapital zurückbleiben. Und wenn Sie sich das Impfchaos anschauen: Das ist für die EU nicht vertrauenserweckend!

Und der letzte Satz, liebe Frau Präsidentin: Deswegen lehnen wir in letzter Konsequenz den Antrag ab.

Die Linke kämpft an der Seite der Gewerkschaften für die soziale Fortschrittsklausel, die die Gewerkschaften wollen, und an der Seite der Klimabewegung für Umweltstandards, die nicht auf dem Altar des großen Kapitals und der Konzerne mehr geopfert werden können. Ich danke für die Aufmerksamkeit."