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Kategorie: Reden

Rede im Bundestag am 19.06.2020 anläßlich der Einbringung eines FDP-Antrages "Liquidität von Betrieben sichern - Abnehmender Zahlungsmoral von Bund, Ländern und Kommunen begegnen", Drucksache 19/20044;

Diether sprach gestern gegen 16h zur Liquidität kleiner und mittlerer Betriebe und gegen die FDP. Er nahm dies zum Anlass, den Umgang der Regierung mit der Krise scharf zu kritisieren und der Botschaft entgegenzutreten, wir seien "ja ganz gut durchgekommen". Aber genau an der Stelle, wo er den exakten Nachweis führt, dass die Bundesregierung im März saumässig vorbereitet war (und zwar auf jegliche Epidemie!), ist die offizielle Videoaufzeichnung des Bundestags technisch gestört. Darum liefern wir das geschriebene Redeprotokoll hiermit nach.

 

Dr. Diether Dehm (DIE LINKE):

"Liebe Frau Präsidentin!

In dem FDP-Antrag wird die "Deutsche Handwerks Zeitung" zitiert, aber ohne richtige Quellenangabe. Nachdem die FDP darauf hingewiesen hat, dass die Unternehmer unzufrieden sind, vergaß sie, folgende Äußerung zu zitieren - ich zitiere wörtlich -: Teilweise fehlt schlicht das Personal in den Behörden, um Aufträge abzunehmen und Rechnungen freizugeben. - Und warum fehlt das Personal in den Behörden? Weil Sie viel zu lange regiert haben, liebe FDP,

(Beifall bei der LINKEN)

mit Ihrer religiösen Vernarrtheit in die Dreifaltigkeit aus schwarzer Null, Steuerverkürzungen und Schuldenbremse.Ein Staat muss so stark sein, dass er Geld hat für Krisenopfer, für Handwerk, für Kommunen, für Soloselbstständige und dafür, Aufträge zügig abzuarbeiten. - Dafür steht die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir Linken gaukeln auch weder Handwerkern noch anderen Arbeitenden vor, ein schwacher Staat könnte ihnen eine starke Hilfe sein. Von 1990 bis 2016 haben die Regierungsparteien, meist mit der FDP, die Anzahl von 7 Millionen öffentlich Beschäftigten auf 4,5 Millionen runtergespart. Das alles rächt sich jetzt bitter, auch in fehlender Zahlungsmoral und Aktenbergen.

Der FDP-Antrag beklagt auch - so wie wir alle - den Mangel an Schutzkleidung, was besonders im März der Fall war. Wahrscheinlich sind manche wirtschaftlich schädlichen und medizinisch überhasteten Maßnahmen auf Maskenmangel und das krankgekürzte Gesundheitswesen zurückzuführen.

Ja, Anfang 2013 lag uns im Plenum die SARS-Pandemiestudie des Koch-Instituts vor. Konsequenzen daraus? Null. Dann 2016 noch eine Pandemiestudie. Neue Schutzkleidung? Fehlanzeige! 2018 schätzte das Koch-Institut eine Übersterblichkeit von 25 100 Menschen in Deutschland durch Influenza B. Wohlgemerkt, diese wird genauso per Tröpfchen übertragen wie die Coronaviren. Aber produzierten wir dann etwa Schutzmasken, allein um die Rückkehr dieser Grippe zu vermeiden? Es hätte doch Schutzbekleidung allein für das Heil- und Pflegepersonal in Hülle und Fülle da sein müssen; aber es war nicht da.

Lieber aufrüsten! Unsere deutsche Lagerhalle für Schutzkleidung lag ja bequem im Billiglohnland China.

(Bettina Stark-Watzinger (FDP): Kommen Sie mal wieder zum Thema?)

Die Gesundheitsämter kann man ja weiter um Tausende Mitarbeiter kürzen, Krankenhäuser weiter privatisieren. Alles lupenreiner FDP-Marktradikalismus!

(Beifall bei der LINKEN)

Gesundheit und Daseinsvorsorge an die Börse bringen, aber nicht dahin, wo die Menschen sie brauchen.

(Beifall bei der LINKEN)

(Bettina Stark-Watzinger (FDP): Wer hat denn 2016 regiert?)

Wenn Sie die Zahlungsausfälle der Kommunen attackieren, attackieren Sie damit )Ihre eigene Regierungsideologie des krankgekürzten Staats. Ein gesunder Mittelstand und eine gesunde Daseinsvorsorge brauchen einen gesunden, starken Sozialstaat. Dafür steht Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)"