Die LINKE-Fraktion im Bundestag hat eine Aktuelle Stunde zu "Griechenlands Zukunft im Euro-Raum" durchgesetzt. Denn der Versuch der Bundesregierung, mit der Angstkampagne über einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone auf den Ausgang der vorgezogenen Parlamentswahlen in Griechenland am 25. Januar Einfluss zu nehmen, konnte und sollte nicht unkommentiert bleiben.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Jean-Claude Juncker sagte im Dezember zur Wahl in Griechenland, er sähe in der nächsten griechischen Regierung lieber „vertraute Gesichter“. Dem PASOK-Vorsitzenden Venizelos huldigte Bundesaußenminister Steinmeier - ich zitiere -:

Aus unserer Sicht käme es darauf an, dass die Kräfte, die den Fortschritt in Griechenland gesichert haben, in der Lage sind, diesen Weg fortzusetzen.

 

Wer sind denn diese vertrauten Gesichter? Der PASOK-Vorsitzende und Minister Venizelos bekam 2010 von der jetzigen IWF-Chefin Lagarde einen USB-Stick, auf dem die Namen von über 2 000 griechischen Steuerhinterziehern mit Schweizer Konto standen. Dieses vertraute Gesicht Venizelos ließ den USB-Stick mit vertrauten Namen zwei Jahre lang in seinem Schreibtisch vergammeln - ein wahrhaft vertrautes Gesicht und vertraut den Steuerhinterziehern von der Deutschen Bank, die ihn vertraulich beraten hatten.

(Beifall bei der LINKEN)

 

Oder der Regierungschef Samaras von der Nea Dimokratia, der Schwesterpartei der CDU, von dem griechische Abgeordnete hartnäckig behaupten, er habe ihre Stimme zu kaufen versucht, um bei der - gescheiterten - Präsidentenwahl im Dezember seinen rechten Kandidaten durchzubringen - ein vertrautes Gesicht für die Finanzoligarchen!

 

Inzucht, Korruption und der Staat als Selbstbedienungsladen. Das sind die vertrauten Gesichter der jahrzehntelangen Vetternwirtschaft dieser beiden durch und durch korrupten Parteien ND und PASOK,

(Beifall bei der LINKEN)

mit denen die Große Koalition hier übrigens in brüderlicher Hilfe verbunden ist.

Alexis Tsipras hingegen ist die seriöse Stimme

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und das gute neue Gesicht des jungen Griechenland,

(Beifall bei der LINKEN - Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): Junge, Junge, Junge! Jetzt redet sich aber einer raus! - Herr Kollege, da müssen Sie selber lachen!)

das sich aus dem Schlamassel erhebt, den Sie angerichtet haben, ein junger Vertreter der ältesten Demokratie, von der Sie sich in vielen Fragen eine Scheibe abschneiden können.

(Beifall bei der LINKEN)

 

Mittlerweile beruft sich selbst die Welt auf Brüsseler Stimmen, die einen Schuldenschnitt für Griechenland wollen. Was sind wir hier, was sind Gregor Gysi, Sahra Wagenknecht, Dietmar Bartsch verteufelt worden, als wir schon 2013 einen neuen Schuldenschnitt gefordert haben?

(Beifall bei der LINKEN - Ingrid Arndt-Brauer (SPD): Zu Recht!)

 

Damals waren es noch 94 Prozent der griechischen Schulden, die in privater Hand waren, in der Hand von Banken und Großspekulanten; die wären damals betroffen gewesen. Heute sind 88 Prozent der griechischen Staatsschulden in traurigem Besitz der europäischen Steuerzahler. Allein für die deutschen Steuerzahler geht es um rund 75 Milliarden Euro.

(Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): Ihnen ging es nie um den Steuerzahler!)

 

Die Banker und Steuerhinterzieher bekamen von Frau Merkel aber erst die Zeit, ihre Schäfchen ins Trockene und die Schrottpapiere in öffentliche Hand zu bringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das alte Prinzip wurde wieder einmal wahr: Gewinne werden privatisiert, Verluste der Allgemeinheit aufgebürdet.

 

Die vertrauten Gesichter waren von vertrauten Beratern wie Goldman Sachs bei der Euro-Einführung systematisch und mit Lügen beraten worden, bewusst mit Lügen beraten worden; sonst wäre es zu der Euro-Einführung gar nicht gekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

 

Die Griechen bezahlen dafür jetzt mit unendlichem Schmerz. Das Elend habe ich in meiner Rede im Dezember ausführlich dargestellt, zum Beispiel Anstieg der Zahl der Totgeburten um 21 Prozent und der Kindersterblichkeit um 43 Prozent.

 

Dagegen will SYRIZA, will Alexis Tsipras, nicht nur für die Griechen, sondern für das ganze Europa:

die Bekämpfung der humanitären Krise im Land, die Reorganisation des Staates - beispielsweise Verminderung der Zahl der Ministerposten von 18 auf 10 -, die Bekämpfung von Korruption und Steuerhinterziehung - übrigens, bei Steuerhinterziehung war die Troika immer sehr lax und sehr flexibel, während sie bei den sozialen Kürzungen immer eisern und unerbittlich war -, die Wiederbelebung der Wirtschaft und die Stärkung der Arbeitnehmerrechte.

(Beifall bei der LINKEN)

 

Sie haben die Chance, Ihre Fehler wiedergutzumachen, wenn Alexis Tsipras am 25. Januar zum Ministerpräsidenten gewählt werden wird.

(Lachen des Abg. Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) - Max Straubinger (CDU/CSU): Davon können Sie bloß träumen!)

Dann sinnen Sie nicht auf Rache, sondern helfen Sie! Dann tricksen Sie nicht, auch wenn Ihnen das Ergebnis nicht gefallen sollte! Dann werfen Sie Alexis Tsipras und seinem Linksbündnis nicht Knüppel zwischen die Beine, sondern akzeptieren Sie das demokratische Votum des griechischen Volkes!

(Beifall bei der LINKEN - Max Straubinger (CDU/CSU): Und er akzeptiert die Verträge!)

 

Auch wir haben die Wahl: Troika oder Menschenrechte, Troika oder wirtschaftliche Vernunft.

(Johannes Kahrs (SPD): Dümmlicher Unsinn!)

Es gilt, Demokratie und Sozialstaatlichkeit wieder zu ertüchtigen.

(Johannes Kahrs (SPD): Billige Polemik!)

Es gilt, einer Deflation entgegenzuwirken. Es gilt, eine langanhaltende Rezession zu verhindern, die ganz Europa in den Schlund ziehen kann.

(Norbert Barthle (CDU/CSU): Hat Ihnen Tsipras die Rede aufgeschrieben?)

 

Ein Neuanfang in Griechenland ist eine Chance für Europa zum Umdenken.

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Herr Kollege Dehm, jetzt müssen Sie bitte zum Schluss kommen.

Dr. Diether Dehm (DIE LINKE):

Ich komme zum Schluss. - Solidarität mit Griechenland und einem sozialen Aufbruch mit Alexis Tsipras ist darum Solidarität mit den Menschen auch bei uns und in ganz Europa.

(Beifall bei der LINKEN - Gunther Krichbaum (CDU/CSU): Billiger Wahlkampf!)