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Kategorie: Presse 2009
diether dehm in hildesheim
„EU darf keine seelenlose Freihandelszone sein“ Linken-Chef Diether Dehm über Demokratie in Europa

Hildesheim (ber). Dieter Dehm, niedersächsischer Landesvorsitzender der Linken sowie Mitglied des Bundestages, hat den Vertrag von Lissabon bei einem Besuch in Hildesheim als „Verfassungsbruch“ bezeichnet. „Wir wollen die Sozialstaatlichkeit des Grundgesetzes in die Europäische Union einbetten“, sagte Dehm, der auch europapolitischer Sprecher der Linken ist. Alles andere verstoße gegen die deutsche Verfassung. Es sei wichtig, dass die Staatengemeinschaft keine „seelenlose Freihandelszone“ werde.
Im Lissabon-Vertrag werde die Würde des Menschen aber als „verhandelbare Größe“ bewertet, führte Dehm in seinem Vortrag „Wie demokratisch ist Europa?“ aus. „Die Sozialstaatlichkeit Deutschlands umgürtet die Würde des Menschen. Dieser Begriff des Sozialstaats kommt aber im Vertrag von Lissabon nicht vor“, sagte Dehm. Die Linke sei seiner Meinung nach derzeit die einzige Partei, die „in toto zum Grundgesetz steht“ und ein wirkliches Zusammenleben der Staaten innerhalbder EU anstrebe.

Der Vertrag von Lissabon sei außerdem zu militaristisch, betonte Dehm vor 25 Zuhörern in der Gaststätte Blau-Weiß-Hildesheim. „Die 27 Mitgliedstaaten der EU verpflichten sich darin, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verstärken, das können Sie nachlesen.“ Unter Abrüstung verstehe er etwas anderes. Der Vertrag von Lissabon soll die völkerrechtliche Basis der Mitgliedstaaten in der EU festlegen. Bisher haben ihn aber noch nicht alle Mitglieder ratifiziert. In Deutschland entscheidet derzeit das Bundesverfassungsgericht über eine Klage verschiedener Politiker und Verbände gegen den Vertrag. Das Urteil wird bis Juli erwartet. Für Dehm ist jedoch schon jetzt klar: Die Verfassungsrichter würden sich mit
der Anerkennung des Vertrages selbst entmachten, weil ein Großteil ihrer Verantwortung auf die EU-Richter übergehe.

Quelle HAZ vom 22.05.2009 Autor: ber