Egal, ob man die Gründe der Demonstranten vom vergangenen Wochenende in Berlin teilt: Die Polizeiprügel, applaudiert vom Medienmainstream, waren abstoßend und ein Tiefschlag gegen unsere Grundrechte!
Alle echten und auch selbsternannte Antifaschisten sollten also nicht zu früh auf dem falschen Fuß „Hurra“ schreien. Erinnern wir uns der Bilder, wo rechtes Gesindel in den Medien johlte, als Ostermarschierer blutig geprügelt oder Philipp Müller auf einer verbotenen Demonstration gegen die bundesdeutsche Wiederbewaffnung erschossen wurde. Als die KPD verboten, Linke in DGB und SPD niedergemacht und Antifaschisten mit Berufsverbot verhängt worden waren. Um den Grundrechtsentzug appetitlich zu verpacken, wurde damals immer wieder der sogenannte DDR-"Unrechtsstaat" angeführt.
Einige AfD-MdBs und völkische Spezis, die heute Medien und Polizeieinsätze anklagen, gehörten damals wie heute zu jenen schenkelklopfenden antikommunistischen Hetzern und McCarthys gegen FriedenskämpferInnen. Auch unter dem von ihnen heute noch so hochgelobten Adenauer-Regime. Als die CDU noch IHRE CDU war...
Wer aber die Grundrechte gerade für Andersdenkende als eigenes Überlebensprinzip hochhält, muss die deutsche Geschichte der Notverordnungen, Überwachung, Entrechtung und Unterdrückung gegen Demokraten im Sinn behalten. Und den massenvernichtenden Antikommunismus – laut Thomas Mann „die Grundtorheit der Epoche“!
Verdiente Altnazis aus SS, Gestapo und NS-Großkapital haben unter Globke und Abs einen antidemokratischen Schoss geschaffen, der bis heute fruchtbar bleibt. Das bekamen wir mit dem SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) auch mitunter blutig zu spüren. So auch Benno Ohnesorg, Rudi Dutschke, Willy Brandt und viele westdeutsche KommunistInnen, linke SozialdemokratInnen und GewerkschafterInnen. Absurderweise rückten frühere Nazi-Richter den SDS schon damals in die Nähe der SA, selbst linksliberale Frankfurter Professoren. Dieser Taschenspielertrick reifte, bis Joschka Fischer Belgrad „wegen Auschwitz II“ bombardieren ließ und gedieh bis zur grünen Verherrlichung der Kiewer Maidan-Schwadrone.
Die Demagogie, für sich selbst einen antifaschistischen Gestus einfach nur gegen Andersdenkende zu missbrauchen, ist essentielles Tool in den Etagen westdeutscher Macht nach 1945. Eine infame Tradition, gegen die es aufzustehen gilt. Und die wahre Antifaschisten, die mit ihrem Blut für ihren Widerstand gegen den Nazi-Faschismus zahlten, entehrt. Seien wir wachsam bei diesem rhetorischen Trick, jeden, der einem nicht passt, in die Ecke der Extreme zu rücken und damit als vogelfrei abzustempeln!
Mein Freund und Genosse Wolfgang Abendroth hat mir in den Siebzigern beigebracht, dass man sich keinesfalls mit DDR-Schikanen identifizieren muss, um solidarisch zu sein gegen den übermächtigen Imperialismus. Mit der RAF hatte ich nichts am Hut, habe aber praktische Solidarität geübt, wenn ihnen rechtsstaatliche Grundrechte im und nach dem Knast verwehrt wurden (so wie Brigitte Heinrich, Christian Klar usw.). Nebenbei: Ich brauchte mich auch nicht mit Christian Wulff zu identifizieren, um mich bei Maischberger gegen die „Medien-Hetzjagd“ (Zitat Jörges) zu solidarisieren. Man muss sich auch nicht mit Corona-Maßnahmen-Gegnern und -Demonstranten identifizieren. Aber: Grundrechte sind Grundrechte sind Grundrechte!
Und ein Antifaschist sollte sich immer GEGEN SpeichelleckerInnen solidarisieren, die bei den Siegern mitbeißen wollen.