07. Juni 2006 - Pressemitteilung

Zum entspannten Umgang der Bundeskanzlerin mit dem Steuervermeidungsverhalten von Franz Beckenbauer erklärt der Diether Dehm, Europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.:
Wenn sich Frau Merkel ständig mit dem allseits bekannten Ball- und  Steuervermeidungskünstler Franz Beckenbauer in der Öffentlichkeit zeigt, darf dies getrost als Begünstigung seines Steuerfluchtpunktes im österreichischen Kitzbühel gelten. Dies ist nicht hinnehmbar. Angesichts von leeren Kassen und brutalen Sparmaßnahmen, die drastische Konsequenzen für die Betroffenen, etwa die Empfänger/innen von Arbeitslosengeld II, haben, kann es nicht sein, dass die Kanzlerin in aller Öffentlichkeit Steuerflüchtlinge hofiert. Dies kann als direkte Einladung an Konzerne und Großbanken aufgefasst werden, es dem Steuer-Kaiser gleich zu tun und ebenfalls so noch nicht geschehen das Steuerausland zur Steuervermeidung zu nutzen.
Ich stelle daher im Deutschen Bundestag eine entsprechende Anfrage, die dieses Verhalten der Kanzlerin und des Steuerflüchtlings problematisiert und die Bundesregierung zur Stellungnahme auffordert.

Der Text der Kleinen Anfrage lautet im Wortlaut:

Vorbildfunktion von Prominenten bei der Zahlung von Steuern in Zeiten knapper Kassen
Presseberichten zufolge bezahlt der Vorsitzende des Organisationskomitees zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Franz Beckenbauer, Präsident des FC Bayern München und Vizepräsident des DFB, aufgrund der Wahl seines Wohnsitzes im österreichischen Kitzbühel in der Bundesrepublik Deutschland keine Einkommenssteuern, obgleich er zu den SpitzenverdienerInnen in diesem Lande zählt. Wegen dieser Praxis wurde er unlängst vom stellvertretenden Vorsitzenden der Bayern-SPD, Florian Pronold, als Steuerflüchtling bezeichnet. Im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft zeigten sich häufig VertreterInnen der Bundesregierung, insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel, zusammen mit Herrn Beckenbauer in der Öffentlichkeit. Dies gibt Anlass zu der Sorge, dass das Verhalten von Herrn Beckenbauer in der deutschen Öffentlichkeit als nachahmenswert empfunden werden könnte.

Wir fragen die Bundesregierung:
Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun, dass im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2006 Personen, denen öffentlich Steuerflucht vorgeworfen wird, repräsentative Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausrichtung der WM wahrnehmen?
Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass das als Steuerflucht zu bezeichnende Verhalten von Prominenten in repräsentativen Ämtern als Präzedenzfall wahrgenommen wird und die Bereitschaft der BürgerInnen, die gesetzlich vorgeschriebenen steuerlichen Abgaben abzuführen, senken könnte? Dies insbesondere vor dem Hintergrund von Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand, die drastische Konsequenzen für die Betroffenen, etwa die EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld II, haben.
Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung dagegen zu ergreifen, daß der Eindruck entsteht, die Bundesregierung billige das Verhalten der Steuerflucht, wenn sich hochrangige VertreterInnen der Bundesregierung und insbesondere die Bundeskanzlerin mit Personen, gegen die der Vorwurf der Steuerflucht erhoben wird, in der Öffentlichkeit zeigen? Und wie kann die psychologische Wirkung auf das Leitungspersonal von Konzernen und Großbanken verhindert werden, welches sich angesichts dieser öffentlichen Akzeptanz ausdrücklich dazu ermuntert sehen könnte, ebenfalls das Steuerausland zur Steuervermeidung zu nutzen?
Am 9. Juni richtete der Bundestagsabgeordnete Diether Dehm (Die Linke) eine kleine Anfrage an die Bundesregierung, auf die am 22. Juni die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesfinanzminister Barbara Hendricks (SPD) folgendes antwortete:

Die beiden Fragen werden zusammengefaßt wie folgt beantwortet:
Die Bundesregierung nimmt zu derartigen Vorwürfen gegen einzelne Personen nicht Stellung.
Eine solche Stellungnahme wäre auf Grund des Steuergeheimnisses (§ 30 Abgabenordnung) auch nicht möglich. Damit erübrigt sich eine Antwort auf die Frage 2.