Landesparteichef Diether Dehm beim Landesparteitag der Linken nach der niedersächsischen Landtagswahl

Interview: Alexander Dahl - 25.05.2008
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Die Linke ist zufrieden damit, dass andere Parteien ihre Forderungen aufgreifen. Schwächt das nicht ihre Position?
Nein, denn die programmatische Quelle unserer Forderungen, die tiefe Ungerechtigkeit der kapitalistischen Gesellschaft, wird, so traurig das ist, uns noch lange erhalten bleiben. Je mehr Menschen sich mit unseren Forderungen identifizieren und je mehr davon von den anderen Parteien kopiert werden, desto linker wird das Klima in Deutschland. Dies kann uns nur helfen, zu einer sozialistischen Volkspartei zu werden. Wir sind die Erfinder des gesetzlichen Mindestlohns, und wir haben als Erste die Rente mit 67 abgelehnt. Je mehr die Gegner auf diesen Kurs einschwenken, desto stärker werden wir.

In der Diskussion in der Linken wird die SPD am schärfsten angegriffen. Ist das taktisch klug?
Ich verstehe die nicht als Angriffe, ich sehe darin eher kritische Anregungen und Ermahnungen. Scharfe Auseinandersetzungen führen wir vorzugsweise mit der Union, der FDP und den Grünen. Wir wissen, dass viele Sozialdemokraten von ihrer Parteiführung politisch eingesperrt werden. Hunderttausende in der SPD denken doch so wie wir und lehnen völkerrechtswidrige Kriege, Sozialabbau und ungerechte Renten ab. Aber noch hält die Nibelungentreue viele SPD-Mitglieder davon ab, offen Kritik an ihrer Führung zu äußern. Aber je stärker die Linke wird, desto stärker werden sich auch die ehrlichen Sozialdemokraten von ihrer desolaten Führung emanzipieren und mit uns den Druck  gegen ungerechte Politik aufbauen.

Parteimitglieder aus dem Osten gelten als pragmatisch, die aus dem Westen als ideologisch. Wird das nicht zu einem Problem für ihre Partei?
Dieses Problem gibt es nicht; das ist eine Erfindung der Medien. Früher bei der SPD ging das folgendermaßen: Wer den anderen einen Betonkopf schimpft, der bekommt dafür als Belohnung das Etikett Pragmatiker oder Reformer angeheftet. Tatsache ist aber, dass es keinen Ost-West-Konflikt innerhalb der Linken gibt, sondern ein Bemühen, dieses junge Projekt Die Linke gemeinsam zum Erfolg zu führen.