7740204410Zum Ablauf der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe aufgrund der Klage der Fraktion DIE LINKE. gegen den Vertrag von Lissabon erklärt der europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE., Dr. Diether Dehm -- in der Verhandlungspause direkt aus Karlsruhe:

Das Bundesverfassungsgericht ließ in der heutigen Verhandlung erhebliche Zweifel am Machtzuwachs und der Kompetenzbündelung der EU erkennen und machte durch seine Fragen deutlich, dass die Demokratisierung mit dieser Entwicklung nicht Schritt hält. Dabei stellten die Richter vor allem erstaunlich scharfe Fragen an die Vertreter des Deutschen Bundestag und der Bundesregierung, die den Vertrag von Lissabon verteidigten.

DIE LINKE verdeutlichte die fehlenden parlamentarischen Rechte auf europäischer Ebene und zeigte, das die Verlagerung von immer mehr Politikbereichen auf die Ebene der EU zu einer abnehmenden demokratischen Legitimation führt. Die Bundesregierung verwickelte sich in immer größere Widersprüche. Ihr Prozessvertreter, Professor Mayer, bezeichnete z. B. das Europäische Parlament als "Mit"-Gesetzgeber neben dem Rat und bestätigt damit ungewollt den Vorbehalt des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog, der vor den Einschränkungen der parlamentarischen Demokratie auf europäischer Ebene gewarnt hatte.

Oskar Lafontaine führte in seinem Eingangsstatement aus, dass der Vertrag von Lissabon jede Regulation im Finanzverkehr ausdrücklich verbiete. Auch leiste der Vertrag der Privatisierung von Sparkassen Vorschub, obwohl die Sparkassen in der jetzigen Finanzkrise einer der wenigen zuverlässigen Partner seien.

Auch in der Militärpolitik wird im Vertrag von Lissabon die heutige Parlamentsarmee ausgehöhlt. Der Einsatz von Militär durch Entscheidungen der Europäischen Union ist nicht ausdrücklich an einen Parlamentsvorbehalt gebunden. Diese Regelung verstößt gegen das Deutsche Grundgesetz.

Nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist auch die Festschreibung im Vertrag von Lissabon auf eine bestimmte Wirtschaftsordnung. Dies hebelt den Kompromiss des Grundgesetzes aus, das sich ganz bewusst offen zeigt für unterschiedliche wirtschaftliche Ordnungen und damit demokratische Entscheidungen über die Verfasstheit der Wirtschaft.

DIE LINKE hat in der heutigen mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass der Vertrag von Lissabon mit elementaren Artikeln des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren ist und deshalb durch das BVerfG gestoppt werden muss.

 

{denvideo http://www.diether-dehm.de/cms2/images/medien/2009-02-10_heute-journal.flv}
[Das Heute-Journal hat am 10.02.2009 den folgenden Bericht zu der Verhandlung am selben Tag  gesendet. Wir zitieren hier den Video-Beitrag]