Die Politik der „Eurorettung“ ist gescheitert, weil die Krisenursachen nicht wirksam bekämpft, die entfesselten Finanzmärkte nicht reguliert und die Profiteure nicht zur Kasse gebeten wurden. Während die an Spar- und Reformdiktate geknüpften Kredite aus dem 2010 eingerichteten „Euro-Rettungsschirm“ die Lage der „Krisenländer“ sogar verschlimmerten, kassieren Finanzjongleure und Großbanken weiter ab und spekulieren gegen immer mehr Staaten. Die Länder unter dem Schirm – Griechenland, Irland, Portugal – rutschten immer tiefer in die Rezession und die Schuldenfalle, da die Spardiktate ihre Binnenkonjunktur abwürgten. Am härtesten traf es Griechenland, dessen Wirtschaft seit 2009 um über 15 % einbrach und dessen Schuldenquote bis zum Schuldenschnitt im März auf über 160 % kletterte.


Trotz der katastrophalen Bilanz wird derzeit mit dem ESM- und Fiskalvertrag sowie einer Änderung der EU-Verträge sogar eine neue, verschärfte Runde dieser Politik eingeleitet. Treibende Kraft in diesem Prozess ist die Bundesregierung. Sie forciert das Tempo, um Bundestag und Bundesrat sowie die übrigen EU- und Euroländer unter Handlungsdruck zu setzen und ihren Spar- und Umverteilungskurs durchzusetzen.

Bankenrettung und Kürzungspolitik

Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll ab Juli 2012 die temporäre „ESM-Vorgängerin“ EFSF (Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität) schrittweise ersetzen. Im ESM-Vertrag, den die Euroländer im Februar 2012 unterzeichneten, verpflichteten sie sich, dem ESM rund 700 Mrd. Euro in Garantien und Bareinlagen zur Verfügung zu stellen. Da 200 Mrd. Euro als Übersicherung nötig sind, kann der ESM effektiv 500 Mrd. Euro für Euro-Staaten mobilisieren, die Kredite beantragen. Zudem soll er Staatsanleihen aufkaufen und Kredite zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten ausgeben können. Doch bereits vor seinem Inkrafttreten wurden die Forderungen in EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Eurogruppe nach einer nochmaligen Aufstockung des ESM auf bis zu 1 Billion Euro immer lauter. Schon am kommenden Wochenende werden die EU-Finanzminister darüber beraten. Dies ist aber der falsche Weg – anstatt immer größere Schirme zu spannen, müssen die Finanzmärkte an die Kette gelegt werden.

Krisenverschärfend sind die Kreditauflagen, an die alle ESM-Zahlungen gebunden sind: Sie erzwingen massiven Sozial- und Staatsabbau und Privatisierungen. Zur Überwindung der Krise tragen die Kredite auch deshalb nicht bei, weil sie nicht an die Empfängerstaaten, sondern über den Schuldendienst fast ausschließlich direkt an privaten Gläubiger fließen. Die Spar- und Reformdiktate überwacht weiterhin die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem IWF. Das heißt, Staaten werden unter Kuratel demokratisch nicht legitimierter Institutionen gestellt, ihren Regierungen wird politischer Gestaltungsspielraum sowie ihre Budgethoheit entzogen. So werden Sozialstaatlichkeit und Demokratie den Interessen der Finanzmärkte geopfert.

Verschärft wird dieser Kurs durch den Fiskalvertrag, der im Januar 2013 in Kraft treten soll. Die darin verankerten Schuldenbremsen, Schuldenabbauziele und Sanktionen gegen „Haushaltssünder“ machen eine tragfähige Politik mit öffentlichen Wirtschafts- und Investitionsprogrammen, die vor allem. die südlichen Eurozone-Staaten benötigen, faktisch unmöglich (http://www.linksfraktion.de/im-wortlaut/geplanter-eu-fiskalvertrag-wird-krise-verschaerfen/). So beschleunigen ESM und Fiskalvertrag das ökonomische und soziale Auseinanderdriften Europas, zementieren die Politik des Kaputt-Sparens und des Demokratieabbaus. Dafür trägt die Bundesregierung maßgebliche Verantwortung, denn sie setzte durch, dass beide Verträge aneinander gekoppelt sind, und dass ab März 2013 nur noch Staaten ESM-Kredite bekommen, die den Fiskalvertrag ratifiziert haben. Sie hat somit nicht nur die „Agenda 2010“, sondern auch die Schuldenbremse exportiert.

Unbegrenzte Risiken, begrenzte demokratische Kontrolle

Der ESM bedroht nicht nur die wirtschaftlich schwachen Länder: In allen Euro-Ländern tragen letztlich die Steuerzahler/innen die Risiken der Bankenrettung. Aktuell muss Deutschland rund 22 Mrd. Euro für die Bareinlagen des ESM abführen und das Haftungsrisiko von 190 Mrd. für die Garantien übernehmen, die fällig werden, wenn „Rettungsprogramme“ scheitern und es zu Staatspleiten kommt. Durch eine Aufstockung des ESM oder eine Laufzeitverlängerung für die EFSF könnte sich die gesamte Haftungssumme auf mehr als 400 Mrd. Euro erhöhen – das wäre weit mehr als der Bundeshaushalt für 2012 und fast das Doppelte dessen, was Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble bisher als Maximum festlegten.

Die Haltung der Bundesregierung, die die Öffentlichkeit und Bundestag so lange wie möglich über die Planungen zur Rettungsschirm-Aufstockung und das Ausmaß der Risiken täuschte, ist bezeichnend: In ganz Europa soll die Demokratie „marktkonform“ gestaltet, d.h. die Rechte der Parlamente in den Mitgliedstaaten und des Europaparlaments den Interessen der Finanzindustrie untergeordnet werden. Zwar zwang ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Februar 2012 die Bundesregierung, dem Bundestag beim ESM größere Kontrollrechte zuzubilligen – ausreichend sind diese aber nicht.

DIE LINKE stimmt gegen ESM und Fiskalvertrag

Als einzige Fraktion wird DIE LINKE im Bundestag geschlossen gegen den ESM-Vertrag, den Fiskalvertrag und die Änderung der EU-Verträge stimmen, weil dieses Paket ein weiterer Angriff auf Sozialstaatlichkeit und Demokratie in Europa ist und die Krise weiter verschärft. Sie wird deshalb beim Bundesverfassungsgericht gegen den Fiskalvertrag klagen. Anstatt weitere Milliarden zur Rettung von Finanzhaien zu verschwenden, muss die Staatsfinanzierung aus dem Würgegriff der Finanzmärkte befreit werden. Die Staatsschulden lassen sich nicht durch schädliche Schuldenbremsen, sondern nur durch einen harten Schuldenschnitt abbauen, der über europaweite Vermögensabgaben für Millionäre finanziert wird. Sämtliche Großbanken sind in öffentliche Hand zu überführen und strikt zu regulieren. Deutschland muss zudem geeignete Maßnahmen zur Stärkung der Binnennachfrage ergreifen und sich für ein Investitionsprogramm für eine tragfähige Wirtschaftsentwicklung in Europa einsetzen.