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Zweitens: Spaltung meiden – weil Millionen auf uns bauen

 
Seit jeher ist die Linke für ihre Zankbereitschaft und Spaltungslaunen bekannt. Innerhalb der Partei sehen wir die Streitursachen meistens beim anderen. Die Kraft, den anderen im Streit mit dessen verletzten Augen zu sehn, ist nur mühsam zu lernen. Kleine Abweichungen wurden in der Linken schärfer geahndet, als großer Verrat. 
 
Manchmal aber auch lassen  wir uns den Streit von  außen herein reden. Die Konzernmedien werden mit jedem Prozent mehr Wahlerfolg mehr Streit und Skandalisierung in unsere  Reihen zu tragen versuchen. Meistens werden dies Aufgeregtheiten bleiben, die ausschließlich die politische Kaste und Pressezirkel, aber selten Hartz-IV-Empfänger und Niedrigverdienerinnen umtreiben. In solchen Situationen empfiehlt es sich, nie sofort die von außen geforderten Köpfe zu liefern, sondern eben auch nach den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zu verfahren – was die Zeit zur Beweismittelprüfung, die grundgesetzliche Unschuldsvermutung sowie „in dubio pro reo“ [* a.d.R. Im Zweifel für den Angeklagten *] einschließt. Relativ schnell werden wir feststellen, dass wenige Medien uns diese Zeit gönnen, sondern auf der Stelle die Köpfe geliefert bekommen wollen, die sie fordern. Dies hat einen einfachen Grund: Sie wissen, dass ihre Kraft für eine Skandalisierung von Linken nur  so kurz hält, wie die Lust ihrer Medienkonsumenten; und danach geht ihnen sofort die Luft aus. Und in dieser Zeit wollen sie ihre Forderungen, die sie in die Linke hineingeschrieben haben, exekutiert wissen. Geduld miteinander zu haben, wo unbewiesene Vorwürfe gegen Linke kolportiert werden, kann also schnell zu einem riesigen Kraftaufwand der Demokratie werden, zu dem wir uns als rechtsstaatliche Kraft bekennen. Nur so meiden wir Spaltung. Die Menschen, die uns wählen und weiter wählen wollen, haben kein Interesse an einer zerstrittenen, von Medien auseinanderzutreibenden und sich jeder Umfrage hingebenden Linken. Sie brauchen Halt und eine Organisation, die ihre verletzte Selbstsicherheit und Würde nicht weiterer Verletzung aussetzt. Intelligenter, inhaltlicher Disput um die beste Strategie für soziale Gerechtigkeit und Frieden ist gut. Individualisierende Zänkerei und Streitereien dürfen wir uns um unserer Wählerinnen und Wähler willen nicht leisten.
 
Wir brechen mit der schlechten Tradition  linker Spaltung. Im Kleinen: zwischen unterschiedlichen Charakteren und im Großen: zwischen gemäßigteren und radikalen Linken.
 
Der kurze historische Moment, in dem die Sozialdemokratie Bebels ein Kommunistisches Manifest unter dem Arm trug, war untergepflügt und flackerte bestenfalls in den Baracken der Konzentrationslager auf, wo die verfeindeten Linken zusammenkamen und dort 1945 schworen, sich nie wieder derart spalten zu lassen. 
 
Einige wenige linke Dissidenten mühten sich stets um die Überwindung der Spaltung. Aber sie blieben von jeglicher Organisationswirkung ausgegrenzte Grenzgänger, von KPD- und SPD-Machtpolitikern belächelte Narren. Bis jetzt, da es die Linke gibt, in der frühere und jetzige Sozialdemokraten, frühere und jetzige Kommunisten und andere kapitalismuskritische Freidenkerinnen  ihren Platz nebeneinander erstmals seit 1912 wieder gefunden zu haben scheinen.