Junge Welt, 26. Juli 2017 - Von Gerhard Feldbauer

Diether Dehms Partisanenroman »Bella Ciao« gibt es jetzt als Hörbuch, gelesen von Peter Sodann

Peter Sodann liest »Bella ciao – Partisanen am Lago Maggiore« nach dem Roman von Diether Dehm; Gesang: Konstantin Wecker; Musik: Michael Letz; Sounddesign, Tonregie, Musikproduktion: Matthias Müller Sunrock (Das Neue Berlin), zwei MP3- CDs, Laufzeit: 16 Stunden, ISBN 978-3-360-01316-3, UVP: 29,99 Euro

 

»An ihrer Schulter, da wird es hell schon

Oh bella ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao.

Es war so warm hier, an deinem Arm hier

Da draußen werd’ ich bald schon friern ...

Sah Blut an Hütten, sah Frauen bitten

Oh bella ciao ...

Den kleinen Luca, der vierzehn Jahr’ war

Ich hab’ zu lang nur zugesehn...«

 

bella chiao

Ade, du Schöne, Ade, meine Liebe, das sagt, dass es »etwas Schreckliches ist, früh aufzustehen, eine schöne Frau zu verlassen und sich irgendwo eine Kugel einzufangen«. Aber auch, dass es nicht anders geht, wenn man das Leben liebt, für das Menschliche einsteht. Das auch in anderen Fassungen existierende Volks-, Liebes- und Kampflied der Partisanen steht im Mittelpunkt des vor zehn Jahren bei Das Neue Berlin erschienenen Erfolgsromans von Diether Dehm über die »Resistenza« (Taschenbuchausgabe 2017), der jetzt als Hörbuch vorliegt. Den Text liest Peter Sodann, »Bella Ciao« singt Konstantin Wecker.

 

Dehm erzählt von der Liebe zwischen Anna, der Partisanin aus dem Volk, und Renzo, dem Dichter aus kleinbürgerlichem Hause und intellektuellen Kommunisten, dessen Buckel an Gramsci erinnert, von Giuseppe, dem Kommandeur der kommunistischen Garibaldi-Brigaden, sowie der Konfrontation mit dem Führer der Schwarzhemden, Attila, einem früheren Jugendfreund Annas und Renzos.

 

Auch für Menschen, die den Roman bereits gelesen haben, wird das Hörbuch ein zusätzliches Erlebnis sein. Die leise unaufdringliche Musik ist einfühlsam auf den ausdrucksstark von Peter Sodann vorgetragenen Text des spannenden Buches ausgerichtet. Dehm hat gemeinsam mit Michael Letz, in den 1980er Jahren musikalischer Leiter des Oktoberklubs der DDR, neun Melodien komponiert und eingefügt, die den langjährigen Umgang beider mit den Kompositionen von Hanns Eisler erkennen lassen. Sodann zeigt die typische epische Erzählerhaltung eines Schauspielers vom Berliner Ensemble, wo er durch Helene Weigel geprägt wurde. Vielleicht mehr noch als die Printausgabe geht das Hörbuch zu Herzen. Spürbar ist die Parteinahme, die zum Nachdenken anregt, was uns das Erbe der italienischen Resistenza heute zu sagen hat.

 

Die Handlung setzt nach dem Sturz Mussolinis im Juli 1943 ein. Als Hitlerdeutschland am 8. September 1943 Nord- und Mittelitalien besetzt, konstituiert sich auf Initiative der Kommunistischen Partei Italiens (PCI) ein Nationales Befreiungskomitee (CLN). Es entstehen erste Partisanengruppen. Schauplatz sind die Berge westlich des Lago Maggiore. Einer der im Roman agierenden Kommandanten, Pippo (Filippo Frassati), ist eine reale historische Figur. Im Frühjahr 1945 befreite er mit seiner Garibaldi-Brigade Cannobio. Aus kleinen Partisanengruppen der verschiedenen Parteien des CLN entstanden kampfstarke Brigaden, gegen die die Wehrmacht bereits Anfang 1944 fünfzehn Divisionen einsetzen musste. Die anglo-amerikanischen Alliierten versuchen, die Kampfhandlungen der von den Kommunisten dominierten Partisanenarmee einzugrenzen. Während der britische General Landcroft mit Renzo vorgeblich über den gemeinsamen Kampf berät, hört seine Tochter Margret von einem Offizier, die Partisanen seien »Verbündete, derer man sich über kurz oder lang wieder entledigen muss«.

 

Margret geht zu Renzo in die Berge. Sie bleibt standhaft, auch als sie Attila in die Hände fällt. Sie beginnt zu verstehen, dass es bei der Beseitigung des Faschismus nicht nur darum gehen kann, ihm die Waffen aus der Hand zu schlagen. Als sie in den 1970er Jahren am Grab von Renzo spricht, ist sie eine Labour-Linke.

 

Im Frühjahr 1945 gehören Renzo und Giuseppe zu dem Partisanenkommando, das am 28. April das vom CLN verhängte Todesurteil an Mussolini vollstreckt. Bis heute bleibt die von Dehm angesprochene Frage umstritten, ob die Partisanen nach Kriegsende aus dem Schatten der Jalta-Konferenz der alliierten Staatschefs hätten heraustreten und zum Aufbau des Sozialismus übergehen sollen.

 

Die abschließenden Sätze, als Anna und Renzo sich Jahre später auf einem Pressefest der linken Tageszeitung L'Unità begegnen, gehören noch einmal zu den bewegendsten Aussagen des Hörbuches. Ihrer beider Tränen gelten nicht nur ihrer unerfüllten Liebe, sondern auch den verlorenen Hoffnungen so vieler Garibaldiner, dass es nicht gelang, die großen Konzerne, die den Faschismus an die Macht brachten, zu besiegen.