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Kategorie: Positionen

Zum Wiederantritt als unser Landesvorsitzender hielt Dr. Diether Dehm (MdB)  die nachfolgende Rede auf dem Landesparteitag, die wir auszugsweise anhand seines Manuskripts hier veröffentlichen. Wir tun dies besonders deswegen, weil Diether seine Wiederwahl eng mit einer geänderten Strategie zur Landtagswahl verbunden hat, auf deren Basis Verhandlungen mit der SPD und den Grünen über Abwahlkonditionen  von Ministerpräsident Wulf nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen werden sollen.

Diether Dehms Rede zum Landesparteitag am 11.11.2006 (Auszüge)

Vor knapp 3 Jahren bin ich von Euch zum ersten Mal zum Landesvorsitzenden gewählt worden. Wenn uns jemand damals gesagt hätte, dass wir bundesweit in den Umfragen zwischen 9 und 12 Prozent und in NDS mit 4% gehandelt würden, dass wir mit der zweitstärksten Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag sitzen, dass wir durch dieses große Flächenland fahren können und nunmehr 136 kommunale Parlamentarier unsere Ansprechpartner sind, meist mit einer sogar minimalen finanziellen Ausstattung und kleinem Handlungsapparat, wo es zuvor nur in Hannover, Göttingen, Oldenburg und Braunschweig so etwas gegeben hatte, wir hätten nur mitleidig den Kopf geschüttelt. Wir hatten diese Erfolgsserie damals durchaus noch mit weitgehend eigenen Bordmitteln bei der Europawahl und 6,1% gestartet und sind maßgeblich daran beteiligt waren, dass heute auch Sarah Wagenknecht, Felek Uka und Tobias Pflüger im Europaparlament sitzen.

Ich weiss aber auch, dass ein Großteil unseres Erfolgs heute Oskar und Gregor zu verdanken ist. Mit Oskars mutigem Schritt und seinem Zugzwang hat die Linke ihr Zänkischkeit hinter sich gelassen und neuen Mut gewonnen und neuen Mut gemacht.  Angriffe auf Oskar Lafontaine, wie sie in den letzten Monaten am Rande der Erträglichkeit über den „Spiegel“ von einigen Spitzenfunktionären gefahren wurden, werden mit unseren bescheidenen Mitteln zurückgewiesen, soweit wir dies können. Ich freue mich auf unsere Regionalkonferenz am 2. Februar, zu der mir Oskar zugesagt hat, zu kommen, lasst uns – liebe Rosemarie Hein aus Sachsen-Anhalt  – gemeinsam dort zeigen, dass in unserer Partei die meisten so denken wie Oskar:  Für rigororsen Privatisierungsstopp, für Verstaatlichung der Energiekonzerne und demokratische Gegenwehr statt Resignation vor dieser kapitalgesteuerten Globalisierung. Und für ein klares Nein zu Auslandseinsätzen.

Damals stand der WASG-Landesvorstand noch für eine gänzlich andere Politik und teilweise conträr gegen uns. Wir haben strategisch daran mitgewirkt, dass  die Zusammenarbeit heute  auf solide Basis gebaut ist. Ich schlage als Faustregel 50 : 50 bei allen unseren Gremien in NDS vor. 

Einige bei WASG und Ex-PDS sind von Bord einige auch überbord… bei den meisten fischen wir und halten Rettungsboote bereit … nicht bei allen… zu Detlev Schmidt habe ich sehr früh bereits klar das nötige gesagt, und ich denke es hat sich auch bewahrheitet.

Unser  Bundestagswahlkampf -  zitiert sei hier Roland Schröder, der für den Parteivorstand in Berlin als Betreuer zuständig war – „bilderbuchartig“, unsere zentrale Abschlusskundgebung vor dem Hannoveraner Opernhaus war mit 7000 Menschen (Gerhard Schröder hatte in seiner Stadt Hannover wenige Tage zuvor 10.000 gehabt) die bestbesuchte im Bundesgebiet. Rosemarie Hein hat uns soeben aufgefordert, stolzer und selbstbewusster mit unserem Kommunalwahlerfolg umzugehen. So müssen wir uns jedenfalls nicht selber loben.

Mit der Mitwirkung von Konstantin Wecker, Peter Sodann, Chumbawamba, Pablo Ardouin und vielen anderen Künstlern  war unser Wahlkampf  auch sicherlich eine der kulturvollsten. Ich will an dieser Stelle noch einmal allen Genossinnen und Genossen im Landesverband, im Kreisvorstand Hannover und in den anderen Kreisverbänden, so wie besonders auch Dorothee danken, dass aus dieser Kundgebung ein solcher Kraftspender wurde. Es ist kein Tribut an die Spaßgesellschaft, wenn wir sagen: Sozialistische Politik muss auch Lust machen auf Veränderung, muss Farben haben, Sinnlichkeit und Talent. Darum pflegen wir hier in Niedersachsen das besonders enge Bündnis mit Wissenschaftlern und Künstlern.

Kunst-ist Gegenmacht – dafür stehe ich weiterhin.

Von der PV und Fraktion in Berlin hatten wir in allen wahlkämpfen von den westlandesverbänden in den letzten jahren stets das meiste Geld und die meisten Promis in Wahlkämpfen – das spricht nicht gerade gegen unser geschick!

Dadurch, dass wir viele grobe Konflikte beigelegt haben und die Landesspitze konsensual gegenüber dem Parteivorstand und gegenüber der WASG aufgetreten ist und gewirkt hat, konnten wir sehr viel mehr erreichen, als andere Landesverbände – und das will ich so fortsetzen. Wir hatten Erfolg weil wir uns in unserer Partei in den westentlichen Dingen am Ende einig wurden!

Einen Kurs der Vermeidung unnötiger Konflikte und das Konzentrieren auf die wesentlichen Fragen. Dafür stehe ich weiterhin!

Wir aus NDS sind von den 10 Westlandesvorständen anerkannt und längst nicht mehr isoliert. So wurde ich im Bundestagswahlkampf einstimmig für die Redaktion der Wahlkmpfzeitung nominiert.  Der neue Landesvorstand steht gerde in diesern 7 Monaten vor gewaltigen strategischen Aufgaben, die wahrhaft historisch zu nennen sind:

1. Die Parteineubildung. Wir haben gestern abend hier miteinander geredet und festgestellt, dass auf der Grundlage der Dokumente beider Parteiführungen die neue Partei wachsen kann, auch wenn wir in zwei bis drei Fragen die Programmeckpunkte nachschärfen wollen.

2. Eine wirkungsvolle Strategie, mit über 5% in den Landtag zu kommen.
Wir leben in Niedersachsen, dem Land mit dem gefährlichsten Sozialkiller – daran ändert auch sein verklemmtes unerbittlich nettes Gelächele nichts. Er steht für Hartz 4 wie kaum ein andrer – wir stehen für Mindestlohn; er steht für das Endlager Gorleben – wir stehen für radikalen  Atomausstieg, er steht für Studiengebühren und eine technokratisch eisige  Bildungselite ohne menschlichen Fokus -  rekrutiert aus den Bestverdienendsten  – wir stehen für Ganztagsschulen und repressionsfreien Uni-Zugang für auch und gerade für die Jugend aus den Unterschichten und der Arbeiterklasse.

Wulf und Koch sind die rabiatesten Vertreter des Abbaus von Demokratie und Sozialstaat. Unser Kampf muss noch breiter und schärfer werden!

Von 0,6% bei der letzten Landtagswahl zu über 5% bei der nächsten – das ist noch eine kühnere Aufgabe, als die formale Parteineubildung  – aber es ist ein Teil der Parteineubildung. Es ist genauso historisch, wie die Überwindung der gespaltenen Linken!

Wir haben ein einmalige Chance, als erstes westdeutsches Bundesland über 5% zu kommen und den Wechsellwählern zu beweisen: ohne uns im Landtag, kann Wulf niemals abgewählt werden.

Noch sind wir inhaltlich nicht so weit, strategisch mit wenigen aber dasfür erkennbaren Schwerpunkten in den Landtagswahlkampf zu gehen.  Wir müssen hier noch kräftig Wissen nachtanken:
Schwerpunkt: BILDUNG, Schulen, Kitas und Studiengebühren, Schwerpunkt 2: Gegen Privatisierung von KRANKENHÄUSERN von VW oder der Salzgitter AG.; Schwerpunkt 3: Die Vermögenssteuer, welche eine Landessteuer ist um die selbstverschuldete Verarmung des Landes zu überwinden. Natürlich werden wir regional und auch neben den Schwerpunkten Themen wie den Atomausstieg, das Blindengeld und die Kulturpolitik ansprechen. Aber Kraft zur externen Kommunikation haben wir maximal nur für drei Schwerpunktthemen.

Wir müssen den Wechselwählern auch mit der Sommerumfrage zeigen: schwarzgelb hat circa 48%. Wenn wir mit 2% abschiffen wie in BaWü und Rheinland Pfalz , ist Wulf automatisch gewählt. Wer Wulf weghaben will, muss uns wählen, sonst gibt es keine Chance. Wie wir diese Rechnung als zwingende Logik  in zigtausende von Wählerinnenköpfe bekommen, bedarf einer intelligenten Idee, einer neuen Strategie. Wer glaubt mit dem „weiterso“ der alten PDS und den Durchhalteprolen der letzten Landtagswahl dieses große Ziel zu erreichen, wird meinen Widerspruch erfahren. Wenn wir über 5% bekommen wollen, müssen wir denen eine realistische Perspektive des Wechsels im Landtag geben. Und die heisst Wulf muss weg. Und das geht nur mit uns. Die taktischen Last-Minute-Swinger unter den Wechselwählern, auch eine links stark gestiegene und sich aus Ex-SPD-Wählerinnenn rekrutierende Gruppe, müssen wissen: wenn wir im Landtag sind, ist Wulf weg. Wenn wir weg sind, ist Wulf festzementiert. Und auf die Frage eines Journalisten im Wahlkampf:  „Ja, was macht ihr denn dann, wenn ihr über 5% habt und Wulf und Jüttner gegeneinander stehn?“ können wir doch nicht sagen: das wissen wir nicht, das sagen wir nicht, da halten wir uns raus. Wir können doch keine Equi-Distanz demonstieren zum schlimmsten Sozialkiller Deutschlands Wulf und zu einem linken Schröderkritiker Jüttner, der die Studiengebühren ablehnt. Da müssen wir bereit sein, über die Abwahl von Wulf tatsächlich zu verhandeln. Keine Regierungsbeteiligung, keine Koalition, aber Wege, Wulf abzuwählen, also dabei zu sein bei der Frage, die die Landtagswahl in den letzten Tagen vor dem Wahlsonntag beschäftigen wird. Sonst geht es uns wie vor 5 jahren oder wie den Genossinnen jetzt in BaWü und der Pfalz.

Aber ich sage auch klar: ich möchte euere Stimmen heute für eine entdogmatisierte, ehrliche und ergebnisoffene Diskussiuon, wie wir in den Landtag kommen können und wie wir dabei sein können, einen Politikwechsel zu errecihen. Unsere Arbeitsgruppe die ich dem Parteitag vorschlage, soll nicht den Wahlkampf vorbereiten, sondern in enger Abstimnmung mit den Landesvorständen strategisch denken, und vor allem als Wahlkampfaussage erst einmal ohne Denkverbote nichts ausschliessen, an Aussagen und Personal und strategischen Ansätzen. Und sie soll die Diskussion in beiden Parteien breit führen die Basis vollständig mit einbeziehen. Neue ideen, wenn sie hinter dem Rücken der Partei ausgekungelt werden, sind tot.

Besonders DAFÜR bitte ich heute hier um Euere Stimmen:
Wulf muss gehen, wenn die neue Linke kommt!