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Kategorie: Positionen

 

bewerbung

Liebe Genossinnen und Genossen,

Marxismus ist eine Bereicherung des pragmatischen Denkens. Mir als gelerntem Psy-
chosomatiker hilft das in der jetzigen Corona-Krise, um im Detail das Totalversagen
dieser Bundesregierung nachzuweisen. Deren horizontale Lockdownstrategie, deren
neoliberaler Präventiv- und Impfnotstand, das Test- und Zahlenchaos, schäbige
CSU-Maskendeals brauchen eine radikal nachgeschärfte Opposition von links. DAS ist
aktuell der Kampf gegen rechts! Nur vertikal, nur punktuell, nur eingrenzend ist diese
Epidemie, sowie alle bald nachfolgenden, zu bekämpfen. Augenmaß aber braucht Per-
sonal, mehr und qualifizierter! Nicht nur in Gesundheitsämtern und Pflegeeinrichtun-
gen. Gegen die Totalversager Spahn und Altmaier, gegen AfD, FDP, aber auch gegen
Grüne, ist also kluge, konfrontative Opposition angesagt, kein noch so punktueller Ku-
schelkurs. Wer Neoliberalismus jetzt nicht zerstört, zerstört Menschenleben, Arbeits-
plätze und Existenzen. Und: unser Immunsystem ist der beste Helfer gegen Viren, aber
es wird unter kapitalistischen Zeit-, Lohn- und Produktionsregimes ge- und zerstört!

Da bin ich mit meinen künstlerischen Kolleginnen und Kollegen völlig einig, weshalb ich
vor den 1500 Kulturschaffenden in Braunschweig am 14. Februar 2021 gesprochen und
gesungen habe und mit Dieter Hallervorden am Brandenburger Tor vor Tausenden auf
der Alarmstufe-Rot-Bühne stand.

Vor uns liegen mit Sicherheit radikale Verteilungskämpfe, wie ich sie selbst (nach 33
Jahren SPD und 20 Jahren linker Partei) so noch nie erlebt haben dürfte. Jetzt heißt es:
rote Farbe zu bekennen. Zuverlässiger Partner zu bleiben an der Seite der
Gewerkschaften und Sozialverbände, der Solo-Selbstständigen, aber eben auch der
Kulturschaffenden (ich habe da als mittelstandspolitischer Sprecher der Fraktion
immer einen marxistischen Begriff von kleinen und mittleren Unternehmen). Ohne eine
Vergesellschaftung von Konzernen, von Impf-Patenten, von Gesundheit und
Daseinsvorsorge ist nicht einmal der erste Schritt heraus aus der Krise zu machen.

Deswegen brauchen wir jetzt und bereits im Bundestagswahlkampf eine populäre,
sozialistische Perspektive!

Gerade unsere Wählerschaft hat ein besonders misstrauisches Verhältnis zu Wahlgän-
gen. Sie braucht besondere Beweggründe mit Erfolgsaussicht und kultureller Ermuti-
gung. Also punktuell radikale Alternativen zu den entscheidenden Vorgaben des Neoli-
beralismus, auch auf Plakaten - dazu müssen wir entschlossen und geschlossen auftre-
ten.

Vielen kommt das Dramatisieren der Grünen vom „Ende der Welt“ wie Hohn und Luxus
vor, denn die Panik der „kleinen“ Leute ist das „Ende des Monats“. Sowie keiner eine
zweite SPD braucht, dürfen wir Roten hier auch nicht grüner werden als die Grünen.
Hier bin ich in den vielen Jahrzehnten meines politischen Kampfs radikaler geworden.
Ich bin so alt, dass ich viele Jüngere kommen und bereits nach einem Jahr Parlament in
der Berufspolitikerkarriere versinken sehen musste. In meiner Biografie habe ich An-
passung zu meiden versucht. Darum stehe ich fest zu Sahra Wagenknecht: nicht nur,
weil sie – jetzt auch ohne ein hohes politisches Amt zu haben – nach wie vor vor
Habeck und Baerbock die zweitbeliebteste Politikerin geblieben ist, sondern weil sie
Ursachen und Auswege aus der Krise so verständlich wie radikal zu formulieren weiß.
Auch bei Sahra haben einige Legislaturen keinesfalls aufweichend gewirkt. Das soll uns
Vorbild und Richtschnur bleiben.

Im vergangenen Mai haben sich im Karl-Liebknecht-Haus Leute getroffen, um darüber
zu beraten, wer aus politischen Ämtern in Parteivorstand und Bundestagsfraktion her-
ausgedrängt werden soll. Ein dankenswert offenes Dokument von einem Vertreter,
Nikos M., twittert am 19.3.: „Ein Traum wäre eine Fraktion ohne S. Wagenknecht,
Diether Dehm, Andrej Hunko und Heike Hänsel.“ Diese Hasskampagne hat dazu ge-
führt, dass mein engster Kampfgefährte, der marxistische Ver.di-Sekretär Ralf Krämer,
nicht mehr in den Parteivorstand gewählt wurde. Der Bundesparteitag hat sich vor dem
Hintergrund der beiden Landtagswahlen von Rheinland-Pfalzund Baden-Württemberg
auch nicht als das große Aufbruchsignal entpuppt, als das er parteiintern propagiert
wird. Auch unser niedersächsischer Landesparteitag ist so in eine Zerreißprobe gera-
ten. Deswegen wird nun von unserem Landesvorstand für neue, solidarische Gemein-
samkeiten geworben. Am Donnerstag haben unsere Fraktionsvorsitzenden Amira Mo-
hamed Ali und Dietmar Bartsch Victor Perli und mich zu einem Gespräch gebeten, das
sehr konstruktiv verlaufen ist. Um es mit Victor zu sagen: aus einem Gegeneinander
soll ein Miteinander werden. Auch wenn mich der Kreisverband der Landeshauptstadt
Hannover gerade gebeten hat, erneut auf Platz 2 zu kandidieren, habe ich meine Bereit-
schaft geäußert, unter Umständen auch auf Platz 4 zu kandidieren und den personellen
Zwist um Platz 2 damit zu entschärfen, so wie es auch in anderen Landesverbänden
stabilisierende Übereinkommen gegeben hat (auch, damit unter Corona-Bedingungen
anfechtungssichere Listen entstehen).

Ich habe in den sieben Jahren als Landesvorsitzender und Wahlkampfleiter den Einzug
in den Landtag mit 7,1 % und (als erster Landesverband) das komplizierte Verfahren der
Parteizusammenführung von WASG mit PDS mitgestaltet und es wäre mein Beitrag,
unsere Partei zusammenzuführen für die vor uns liegende Kommunalwahl, die Bundes-
tagswahl und die Landtagswahl.

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