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Kategorie: Positionen

spiegelNach zunächst vergeblichen Anläufen, mich in der kubanischen Botschaft impfen zu lassen, hatte ich mich in letzter Minute entschieden, mich nach dem Ende meines lange feststehenden Besuchs der russischen Feierlichkeiten zum Sieg über den Faschismus am 8., bzw. 9. Mai in Moskau in der dortigen Privatklinik „Archimed“ mit Sputnik V impfen lassen – selbstverständlich bis zum letzten Taxi-Rubel auf eigene Kosten.

Die „Kunst“ von SPIEGEL, Cicero, taz und Co musste nun darin bestehen, mich zu skandalisieren, ohne dabei ein Wort zu dem zuvor monatelang von ihnen verleumdeten, aber seit Januar international hochgelobten, russischen Impfstoff verlieren zu müssen.

Drei Punkte zum Spiegel-Artikel von meiner Seite:

1. Im Artikel zitiert der Spiegel den FDP'ler Konstantin Kuhle, der mir vorwirft, einer "russischen Kampagne für Sputnik V auf den Leim gegangen zu sein, die auf eine Schwächung europäischer Institutionen und demokratischer Gesellschaften abziele." Welcher Art von "Schwächung demokratischer Gesellschaften" könnte ein, im von der deutschen Regierung zu verantwortenden, monatelangen Impfdesaster frühzeitig zugelassener russischer Impfstoff wohl haben außer: Menschenleben zu retten? Könnte es sein, dass niederträchtige, geopolitisch-ideologische Scheuklappen (Verschärfung des NATO-Konflikts mit Russland, Navalny, Nordstream 2 etc.) der Bundesregierung wichtiger waren als Menschenleben dank konstruktiver europäischer Zusammenarbeit zu retten? Ein weiteres, effektives Instrument dafür wäre übrigens die Freigabe der (ohnehin elementar mit deutschen Steuergeldern entwickelten) Impfstoffe für eine schnelle, günstige Produktion in öffentlicher Hand. Aber: Konstantin Kuhle stimmte hier zuletzt am 6. Mai gegen den gleichlautenden Antrag meiner Fraktion im Bundestag. Die EU unter deutscher Führung bevorzugte es, einen 35 Milliarden-Euro-Deal mit Biontech zu schließen, statt Impfpatente mittels fairer Ausgleichszahlungen in die öffentliche Hand zu überführen. Aktionäre jubeln – Steuer-Bürger zahlen. 

2.Konstantin Kuhle behauptet weiter, dass der russische Impfstoff in "zahlreichen Ländern einen erheblichen politischen Flurschaden angerichtet" hätte. Herr Kuhle, helfen Sie mir auf die Sprünge: Welche "Schäden" hat Sputnik V wo genau angerichtet? Der EU-Staat Ungarn setzte sich frühzeitig über die von der EMA ganz offensichtlich verschleppte Zulassung des russischen Impfstoffs hinweg und startete erfolgreich Sputnik-Impfungen bereits vor fast 4 Monaten. Der europäische Kleinstaat San Marino impft ebenfalls seit Monaten erfolgreich mit Sputnik V. Werden die Einwohner dieser EU-Staaten nun eigentlich sanktioniert? Denn anders als meist in Deutschland vermittelt, kann sich jeder EU-Mitgliedstaat mittels Notfallverfahren dazu entschließen, Impfstoffe zuzulassen. Dass die Bundesregierung dies nicht ebenfalls tat, lässt nur eine Interpretation zu: Trotz Lockdowns ohne Augenmaß und massiven Grundrechtseinschränkungen, bestand für die Bundesregierung offenbar zu keinem Zeitpunkt eine Notallsituation? Auch nicht zu einem Zeitpunkt, als die Bundesregierung millionenschwere Impfkampagnen startete, gleichzeitig ihren Bürgern aber keine ausreichenden Impfdosen aus der Produktion westlicher Pharma bieten konnte und im Chaos dieses Impfdesasters sogar kurzzeitig ihr transatlantisch verordnetes Schweigegelübde zu Sputnik V aufhob. Aufgehoben wurde dagegen jedoch nicht die offensichtliche Selbstverpflichtung des Westens, seinen Bürgern ausschließlich Impfdosen aus Nato-Staaten zu verabreichen. Welche "europäischen Institutionen" sind das also, die ein russischer Impfstoff "schwächt"? Institutionelle westliche Pharmakonzerne und deren Aktionäre?

3.Den eigentlichen Hintergrund meines Besuchs am 8. Mai in Moskau erwähnt der Spiegel nur am Rande. Dass es übrigens kein Politiker der FDP (auch nicht der CDU, SPD, AFD oder der Grünen) für nötig hielt, im europäischen Sinne der Völkerverständigung den über 27 Millionen sowjetischen Opfern des deutschen Faschismus Respekt zu zollen – was sagt das eigentlich über diese viel bemühten "europäischen Werte" aus? Ich habe an diesem Gedenktag des Sieges über den Faschismus in der europäischen Stadt Moskau keine anderen Bundestagsabgeordneten getroffen. Und die Behauptung, dass ein Eintreten für bilaterale europäische Zusammenarbeit in der Pandemie mit dem größten Land Europas (!) eine "Schwächung europäischer Institutionen" nach sich ziehe, sollte den Bürgern dieses Kontinents vielleicht zu denken geben. Vielleicht verwechseln aber Spiegel und Kuhle an dieser Stelle nur wieder "Europa" und "EU"? Denn Russland war, ist und bleibt ein elementarer Teil Europas. Ein Fakt, den man nicht oft genug wiederholen kann. In einer Zeit, in der deutsche Panzer wieder an russischen Grenzen stehen und in der grüne Parteivorsitzende öffentlich gegen Russland gerichtete Waffenlieferungen in die Ukraine forderr! Während FDP-Lambsdorff und Joschka sich begeistert gegenseitig die medialen Oberschenkel wundschlagen, den Russen endlich mal wieder „...richtig weh zu tun!“

Im „SPIEGEL“ – versteht sich. Und das übrigens drei Wochen vor dem 80. Jubiläumstag des deutschen Überfalls...