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Kategorie: Positionen

Dieser Aufruf von Diether Dehm und Wolfgang Gehrcke basiert auf einem Entwurf des Kollegen Andrej Hunko, geht aber noch darüber hinaus:

Deutschland steht zu still. Jedenfalls im Vergleich zu Griechenland, Spanien, Frankreich und anderen EU-Staaten, wo die Ausplünderungspolitik von Bankenmacht, Troika und Merkel auf wachsenden Widerstand stößt. Aber Demokratie taugt (auch bei uns) erst wirklich, wenn sie in Bewegung kommt!

Wir teilen die Einschätzung nicht, dass es sich bei den Montagsmahnwachen und ihren Teilnehmern im Kern um eine (neu-) rechte Bewegung handelt. Deren Motivation speist sich nämlich zu allererst aus dem Wunsch, drohenden bzw. realen Kriegsgefahren in der Ukraine, in Syrien und anderswo entgegen zu stehen.

 

Foto Dehm

Und, wie in der Mehrheit unserer Bevölkerung, verbreitet sich auch dort die Ahnung, wie einseitig Nachrichten in Kriegs- und Krisenzeiten werden können – auch vormals linksliberale Leitmedien! Und wie die Propagandisten der NATO verschleiern, dass es meist um Öl, Stahl, Gas, Fracking und Arbeitsausbeutung geht, wenn von „Menschenrechten als Gründen, ein- und anzugreifen“ die Rede ist. Sie verbreiten populistische Ideologiefragmente wie: den alten deutschen Antirussismus, den Antikommunismus, „die Grundtorheit der Epoche“ (Thomas Mann), die Gewerkschaftsfeindlichkeit, die von Kaiser Wilhelm über Hitler bis zu Hans-Olaf Henkel reicht; ja, darin waren sich Großspekulanten (wie Deutsche Bank - die einst den Kreditvertrag für Auschwitz zeichnete, FED, Allianz und Goldman Sachs) mit alten und neuen Nazis stets einig!

 

Wer Montagswachen macht, muss wachsam machen – besonders gegen einen Rassismus, der in der Krise auf wirtschaftlich schwächere Sündenböcke und auf traditionell vorverurteilte „Wutableiter“ deutet.

 

Linke und andere Demokraten haben dabei eine Menge zu lernen, zu fragen und aufzuklären, um an halbwahren Krisendeutungen nicht mitschuldig zu werden. Denn auch wir haben zentrale Details oft genug verwaschen dargestellt: So sind die "Finanz"märkte gar nicht so „international“. Und die Finanz“märkte“ sind gar keine Märkte, sie bestehen in Wahrheit aus gerade mal einer handvoll räuberischer Großbanken und Waffenkonzernen, die ihren Firmensitz in auch nur einer handvoll Staaten haben. Daneben agieren drei Ratingagenturen – mit dem Großinvestor „Blackrock“ als Mehrheitseignerin. Sie alle sind nicht „multinational“. Aber sie agieren multinational. Und dieser Hauptfeind der Menschlichkeit steht auch im eigenen Land.

 

Die USA sind zwar geostrategische Übermacht und ein aggressives imperialistisches Regime. Aber deutsche Wirtschaftseliten sind nicht ihr Opfer – die EU, die Deutsche Bank und Regierung mühen sich, so gemeinsam wie erfolgreich, es dem US-Imperialismus gleichzutun. Und darum kämpfen wir auch gegen die aktuellen Freihandelsabkommen!

 

Wir erkennen an, dass wir und alle sozialen Bewegungen, ob sie organisch oder organisiert wachsen, in sich die Widersprüchlichkeit tragen, die aus den Widersprüchen ihrer Gesellschaft entsteht. Unabhängig von der Problematik einzelner Akteure oder Gruppen, würden wir es uns aber zu einfach machen, eine derart widersprüchliche Bewegung selbst mit selbstgefälligem Bannstrahl exkommunizieren zu wollen. Die Gemeinsamkeit muss darin bestehen, den Demokratiebruch zu skandalisieren, der darin besteht, dass die EU eine ukrainische Regierung „supportet“, in denen Faschisten sitzen und Oligarchen den Ton angeben.

 

Die Montagsmahnwachen haben vielerorts für eine klare Abgrenzung gegen Faschistinnen und Faschisten gesorgt. Deshalb rufen wir alle linken Kräfte und die klassische Friedensbewegung auf, vor Ort genau hinzuschauen und, wenn möglich, Kontakt, Debatte und Kooperation mit allen Leuten zu suchen, die sich ehrlich aus oben genannter, demokratischer Motivation an den Mahnwachen beteiligen. Wir können inhaltlich dazu beitragen, eine neue antirassistische und emanzipatorische Antikriegsbewegung zu entwickeln, die in der Lage ist, den Rüstungslobbyisten und anderen Krisenprofiteuren sowie dem anstehenden weltpolitischen Konfrontationskurs kraftvoll entgegen zu stehen.