Diether Dehm bezieht sich auf den Artikel von Elke Wittich, veröffentlicht am 26. Juni 2014 in der Jüdischen Allgemeinen.

 

Am 26.6. titelten Sie: "Mahnwachen ziehen Antisemiten an", setzten ein Foto von mir daneben und versuchten, darunter mein antifaschistisches Engagement zu relativieren im sattsam bekannten Spiegel-Stil: "von oben herab" und ex catedra.

Wir kennen uns lange, Volkhard, haben jüngst erst gemeinsame Veranstaltungen und Veröffentlichungen gehabt. Erlaube mir deshalb, meinen Eindruck zu formulieren: Dein Schreiben klingt mir ein bisschen "fremdbestimmt" und abgestimmt mit Deiner Londoner "Bruder"organisation … Merkwürdig aufgesetzt im Verhältnis zu dem, was ich in den letzten vier Jahrzehnten aus Deiner Feder schätzen gelernt habe.

 

 Im Einzelnen: Wie kannst Du die schlichte Frage übergehen, wer das Nötige sagt und wo, damit es nicht ungesagt bleibt?

Die Anschläge auf unsere Wahlkreisbüros häufen sich. Mit meiner Bundestagskollegin und Genossin Sevim Dağdelen solidarisiere ich mich – weil das für mich die einzig akzeptable Reaktion auf den widerlichen Anschlag mit faschistischen Symbolen und Schmierereien auf ihr Wahlkreisbüro ist. Von Polizei und Staatsschutz fordere ich schnellste Aufklärung und von der Justiz die Bestrafung der Täter. Das erwartet auch die breite Öffentlichkeit in diesem Land, die wie meine Kollegin gegen Kriegshetze, gegen neue und alte Faschisten ist.

"Die Art und Weise, wie da zum Beispiel gegen Freunde von mir vom Leder gezogen wurde, war zum Teil aus der untersten Schublade menschlicher Ignoranz und Dummheit"

 

Liebe Freunde!

Die Debatte um die "neue Friedensbewegung" der Montagsmahnwachen läuft jetzt schon fast ein Vierteljahr. Mir geht es so, dass ich mit dem Ton, in dem da diskutiert wird, teilweise nicht sehr gut klarkomme. Einige Leute scheinen hauptberuflich über dieses Thema zu streiten - und abgesehen davon, dass ich selber einen anderen Beruf habe, frage ich mich, ob diese giftige Art der Auseinandersetzung den Weltfrieden voranbringt.

Sehr geehrter Herr Dr. Dehm,

die Schaffung von Arbeitsplätzen ist ein wichtiges Instrument der Armutsbekämpfung. Doch viele können auch mit Arbeit kein menschenwürdiges Leben führen. Unbezahlte Überstunden, Löhne, von denen man nicht leben kann, ausbeuterische Kinderarbeit, Gesundheitsschäden und ein fehlendes Recht auf gewerkschaftliche Organisierung gehören für viele Menschen zum Alltag.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Mut und Durchhaltevermögen ist das, was Ihr jetzt braucht. Heute ist Euer dritter Warnstreiktag, aber der Arbeitgeber ist noch nicht bereit, ernsthaft über Eure Forderungen zu diskutieren.

 Die Forderung nach einem Tarifvertrag mit 30 Tagen Urlaub, Beschäftigungssicherung, betrieblicher Altersversorgung und Schutz vor Versetzungen sind eigentlich selbstverständlich. Trotzdem funktioniert es nicht von alleine, was Euer Arbeitskampf beweist. Seitdem Krankenhäuser privatisiert werden, gibt es Arbeitgeber, die mit gesellschaftlicher Grundversorgung Geld verdienen. Seitdem es modern ist, auf dem Rücken von Beschäftigten Geld zu verdienen, brauchen Beschäftigte Solidarität untereinander, um ihre Interessen durchzusetzen.