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Erstens: Woher wir kommen, wohin wir wollen

 
Die Arbeiterbewegung war jahrzehntelang gespalten in viele sich gegenseitig bekämpfende Gruppierungen, von denen Sozialdemokraten und Kommunisten die größten waren. Faschismus und andere Formen bürgerlicher Herrschaft haben davon profitiert. Wer aber sind jetzt wir?
 
Auch DIE LINKE in Niedersachsen möchte die Programmdebatte nutzen, um eigene Beiträge zur künftigen sozialistischen Praxis zu leisten. 
 
Gregor Gysi hat Recht, wenn er sagt, viele von uns würden sich ihre Identitätsbezüge aus vergangenen Parteikapiteln ohne aktualisierte Aussagekraft holen. Sie würden sich zwar bekennen und benennen als Sozialdemokraten, aber nicht wie Schröder, Kommunisten, aber nicht wie Honecker, Sozialisten (ohne oder mit „demokratische“), aber nicht wie Craxi. Das „aber“ sei jedoch eine Verrenkung und verweise eher auf ein Defizit und damit die Notwendigkeit, aus historischer Abstraktion in eine konkrete neue Aktualität aufzusteigen, soweit diese neuen Kampfbedingungen der Arbeiterbewegung entsprechen.
 
Diesem Gedanken folgend wollen wir uns den jetzt vor uns liegenden Aufgaben stellen, ohne die Geschichte, aus der wir kommen, zu leugnen, aus ihr lernend, aber auch ohne die Illusion, in ihr schon die fertigen Antworten zu finden, die die Zukunft von uns fordert.
 
Die Erfahrungswelt der Klassiker der Linken entstammt überwiegend der Illegalität, der Bürger- und Weltkriege, bei denen das Großkapital Millionen werktätiger Menschen für seine Aggressionspläne verheizt, nicht nur die Linke verboten, sondern auch andere Formen der bürgerlichen Demokratie unterdrückt hatte. Entsprechend entfaltete sich ein Teil der Arbeiterbewegung, vor allem der nicht-sozialdemokratische, in der  negativen  Fixierung an staatspolitischer Willkür und Kriegsterror. Kulturen, Partei und Staatskonzepte blieben direkt oder antithetisch gefesselt an diese kriegerische Alltagslogik und Politik. „ … auch der Hass auf die Niedrigkeit verzerrt die Züge“ schrieb Brecht an uns Nachgeborene. Die unter den Bedingungen des ersten und zweiten Weltkriegs gespaltene Linke schien sich hernach hauptsächlich in prinzipientreue revolutionäre Kommunisten mit einer hohen Akzeptanz individuellen Terrors  und  antisozialistische SPD-Pragmatiker mit einer hohen Akzeptanz kapitalistischer Willkür zu teilen. Unsere Partei ist der Versuch, diese jahrzehntelangen Spaltungen durch eine neue politische Praxis zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu überwinden.